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Aktueller Fall November / Dezember 2016


Plötzlich positiv im Brucellose Test
Denise Wüllner, Vet-Team-Schleswig-Holstein, 24327 Kaköhl

Der Betrieb
In diesem Fall geht es um einen Zuchtbetrieb mit 200 Zuchtsauen (Pietrain) im geschlossenen System. Alle Produktionseinheiten befinden sich an einem Standort und sind räumlich voneinander getrennt. Vor Betreten des Geländes muss eine Schweinefreiheit von mehr als 48 Std. gewährleistet werden. Das Betreten der Stallgebäude setzt ein vorheriges Duschen und das Tragen von Hofbekleidung voraus. Es findet ein Schuhwechsel vor dem Betreten jeder Produktionseinheit statt. Die Abferkelung, Ferkelaufzucht und Mast sind strohlos gehalten, die Jungeber ab 30 kg und die Verkaufseber werden hingegen auf Stroh gehalten. Das Aufzuchtfutter ist eine Eigenmischung, Sauenfutter wird zugekauft. Es gibt einen dreiwöchigen Produktionsrhythmus. Sauen und Verkaufseber werden gegen Parvovirose und Rotlauf geimpft. Absetzer werden gegen PCV2, Mycoplasma hyopneumonie und Lawsonien geimpft. Der Bestand ist PRRS unverdächtig.
Die Zuchteber werden an Besamungsstationen in Deutschland und in anderen europäischen Ländern verkauft.

Die Problematik
Bei Verkaufsuntersuchungen wurden im letzten Jahr viele Einzeltiere im serologischen Testverfahren positiv auf Brucellose getestet. Da Brucellose eine anzeigepflichtige Krankheit ist, hat der zuständige Amtsveterinär in Zusammenarbeit mit dem FLI alle regulären Untersuchungen durchgeführt, sowie vorgeschriebene Maßnahmen nach Brucellose Verordnung (Stand 2005) eingeleitet. 

Aus Sicht der Bestandsbetreuung ist folgende Ausgangssituation festzustellen. 
Der Bestand ist aktuell frei von jeglichen Symptomen, die auf eine Infektion mit Brucellen hinweisen. Auch die Daten des Sauenplaners liefern keinen Hinweis auf eine reproduktionsbedingte Problematik in den letzten Monaten. Es gab keine vermehrten Aborte oder Umrauschen. Es gab auch keine klinischen Hinweise bei den älteren Zuchtebern wie vermehrte Lahmheiten oder Hodenschwellungen. Auch epidemiologisch gesehen gibt es keinen Hinweis auf eine mögliche Eintragsquelle. Es werden keine Tiere zugekauft, die Schweine haben keinen Auslauf und das Strohlager ist in einer geschlossenen Scheune.
Nach sorgfältiger klinischer, labordiagnostischer (Sektionen) und epidemiologischer Abklärung kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei den positiven serologischen Ergebnissen um Kreuzreaktionen handelt. Das bedeutet, dass der Test ein positives Ergebnis zeigt, obwohl der Eber keinen Kontakt mit Brucellen hatte.

Die Testproblematik
Die Testsysteme, die zur Brucellose Untersuchung von Zuchttieren verwendet werden können, sind im Grunde darauf ausgelegt eine Brucelloseinfektion in einer Herde sicher zu erkennen aber nicht zwangsläufig die eines Einzeltieres auszuschließen. Bei der Brucelloseinfektion in einer Herde gibt es immer mehrere Informationen die zusammen kommen und auf deren Basis eine sichere Diagnose gestellt werden kann. Bei einer Einzeltieruntersuchung steht ein einzelnes Testergebnis für sich allein. Dieses kann auch falsch sein, man spricht dann von „Falsch positiven serologischen Reaktionen“, kurz FPSR. Leider gibt es immer wieder Zuchtbetriebe, bei denen FPSR häufiger auftritt.

Zurück zum Betrieb
Der Zuchtbetrieb erlitt einen massiven wirtschaftlichen Schaden (nur 25% verkaufte Zuchteber im Vergleich zum Vorjahr). Dazu kam eine steigende Anzahl von FPSR von bis zu 80% gegen Ende des Jahres. Der Ertragsausfall wird nicht durch die Tierseuchenkasse gedeckt, da keine Brucellose nachgewiesen werden kann.

Ursachenforschung
Wenn angenommen werden kann, dass die Schweine keine echten Antikörper gegen Brucellen haben, muss eine alternative Erklärung für die vorliegenden positiven Testergebnisse gefunden werden. In den serologischen Tests ist immer ein Antigen einer Brucelle vorhanden an das sich Antikörper heften können. Brucellen gehören zu der Gruppe der „gram negativen Bakterien“, wie alle Bakterien dieser Gruppe besitzen sie eine bestimmte Struktur auf ihrer Oberfläche das sogenannte LPS. Diese Struktur ist bei allen Vertretern dieser Gruppe sehr ähnlich. Es ist also naheliegend, dass ein gram negatives Bakterium, welches beim Schwein direkt oder indirekt eine Immunreaktion mit Antikörperbildung auslöst für die Kreuzreaktion im Test verantwortlich ist. Viele Atemwegserreger sind gram negativ, wie zum Beispiel HPS, APP und Pasteurella multocida. Die meisten Darmkeime sind ebenfalls gram negativ wie zum Beispiel Salmonellen und jeder E. coli. Aber auch Keime wie Yersinien oder andere gram negative Bakterien, die nicht primär pathogen sind, können ebenfalls für eine Kreuzreaktion verantwortlich sein.
Wird davon ausgegangen, dass ein bestimmter Erreger allein für diese Kreuzreaktion verantwortlich ist scheint folgendes Vorgehen sinnvoll. Da Yersinia enterocolitica in der Literatur häufig als Auslöser von Kreuzreaktionen beschrieben wird, kann versucht werden diesen in der Umgebung oder am Tier direkt zu finden. Was aber wenn es nicht nur einen Auslöser gibt, sondern zwei oder drei?
Zusätzlich können weitere Kofaktoren wie Infektionen und Impfungen in einem Zeitraum von ca. zwei Monaten vor einer serologischen Untersuchung das Immunsystem zur Produktion von hohen Antikörpertitern anregen, welche dann auch kreuzreagieren können.

Lösungsfindung und Diagnostik
Es gilt also die Gesamtgesundheit zu optimieren in einem Betrieb, der schon eine sehr gute Herdengesundheit hat. Klinische Symptome im Bestand waren geringgradiger Husten bei Saugferkeln, in der Ferkelaufzucht, in der Mast und selten bei einzelnen Verkaufsebern. Hierzu wurden Sektionen in Ferkelaufzucht und Mast durchgeführt um das Keimspektrum des Betriebes zu analysieren. Das Tränkewasser und die Leitungen wurden bakteriologisch untersucht. Die verschiedenen Futtermittel wurden auf Struktur und PH-Wert getestet. Die Ställe wurden ausgenebelt, die Klimaeinstellungen überprüft.

Untersuchungsergebnisse

  • Die Sektionen ergaben das vorhanden sein von Heamophilus parasuis in der Lunge und Yersinia enterocolitica auf den Tonsillen.

  • Die Wasserleitungen waren sauber und das Tränkewasser hat Trinkwasserqualität.

  • Die Futtermehle waren von der Struktur her zu fein. PH Werte von 6 bis 6,5 wurden gemessen.

  • Die Klimaanalyse ergab eine zu hohe Luftgeschwindigkeit in der Ferkelaufzucht, sowie eine durchschnittliche Luftfeuchtigkeit von unter 50 %.

Maßnahmen

  • Verstärkte Ungezieferbekämpfung.

  • Einsatz von Fliegenmittel und Madentod.

  • Reinigung mit Fettlöser und anschließender Desinfektion vor jeder Einstallung.

  • Trockene Zwischendesinfektion einmal wöchentlich im Strohbereich jeweils nach dem Misten.

  • Umbau der Ferkelbetten im Saugferkelbereich.

  • Antibiotische Metaphylaxe im Saugferkelbereich.

  • Umstellung der Mycoplasmenvakzine auf eine kombinierte Mycoplasmen-Glässerimpfung zum Absetzen.

  • Umbau der Ferkelbetten in der Ferkelaufzucht.

  • Reduzierung der Mindestluftrate in der Ferkelaufzucht.

  • Grober Vermahlungsgrad in allen Futtermehlen.

  • Säurezusatz über die Wasserleitung im Bereich der Ferkelaufzucht, Jungeberaufzucht und Mast.

  • Leitungsdesinfektionsmittel im Wechsel mit Säureeinsatz im Bereich der Sauen und Verkaufseber.

Fazit
Nach einer raschen Umsetzung aller oben genannten Maßnahmen ist die Anzahl der       FPSR nach 5 bis 6 Monaten bisher auf unter 5% gesunken. Natürlich liefern diese Ergebnisse keine Garantie für eine langfristige positive Entwicklung, jedoch konnten wir feststellen, dass der Betrieb ein Testproblem hat und kein Gesundheitliches Problem in seinem Bestand!
Die Testproblematik kann nur über die Entwicklung neuer Testverfahren und über die Abstimmung nationaler und internationaler Vorgaben gelöst werden.
Auf nationaler Ebene wird zurzeit die Brucellose Verordnung (Stand 2005) geändert; hier bleibt die Veröffentlichung abzuwarten. 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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