Header-Grafik

Fall des Monats Dezember 2010

Aborte in einer Sauenherde
Jens Jungbloot, Praxis für tierärztliche Bestandsbetreuung und Qualitätssicherung im Erzeugerbetrieb Schwein
Dr. Reinhold Heggemann, 25782 Tellingstedt 

Der Betrieb 

Diesen Monat stellen wir ihnen einen Ferkelproduzenten mit 260 Sauenplätzen vor. Die Mastferkelproduktion wurde als zweites Standbein auf einem ursprünglichen Milchviehbetrieb entwickelt. Die Sauen werden bis zur Belegung im Kastenstand gehalten und kommen danach in die Gruppenhaltung in einen Offenstall. Die Abferkelung erfolgt in einem separaten Stall mit zwei Abteilen im 2-Wochenrhythmus. Die Säugezeit beträgt 3 Wochen.
Die Abferkelung wird hormonell eingeleitet und personell die ersten zwei Tage intensiv überwacht. In einem dritten Stall findet die Ferkelaufzucht statt.
 
Der Betrieb ist PRRS und Influenza H1N2 positiv; daher werden die Sauen zusätzlich zur obligatorischen Parvo-/Rotlaufimpfung auch gegen PRRS und Influenza geimpft.
Des weiteren werden die Ferkel sowohl gegen die durch Mycoplasmen verursachte Enzootische Pneumonie als auch gegen Circovirose geimpft.
 
 
Der Fall 
Im September häuften sich Aborte im Wartestall. Der Landwirt vermutete als Ursache für die Probleme den Einsatz von frischem Getreide im Futter. Daher beschloss er, erst einmal abzuwarten. Die Aborte traten aber immer wieder in unregelmäßigen Abständen auf. Nach zwei Monaten zog er den Tierarzt zu Rate.
 
 
Die Untersuchung(en) 
Bei dem Betriebsdurchgang waren keine gravierenden Auffälligkeiten erkennbar. Lediglich bei zwei umrauschenden Sauen waren eitrige Bestandteile im Schleim zu sehen. Von diesen Sauen wurden Cervixtupfer gezogen und allgemein bakteriologisch und speziell auf Chlamydien mittels PCR untersucht. Parallel gelangten Blutproben von Sauen, die in der Vergangenheit abortiert hatten, zur Untersuchung auf Leptospirose- und Chlamydien-Antikörper.
 
Von der nächsten „Abortsau“ wurde das Abortmaterial sauber geborgen und zur Untersuchung gebracht (Foeten und Eihautbestandteile).
 
Im nächsten Schritt wurden Mycotoxinbelastungen ausgeschlossen. Die Blutproben wurden auf Zearalenon, Ochratoxin und DON untersucht, sowie einige Leberenzyme bestimmt.
 
 

Die Ergebnisse
 
In der Bakteriologie wurden zunächst hämolysierende E. coli nachgewiesen. Der Befund der PCR auf Chlamydien war negativ. Die Blutproben von den „Abortsauen“ ergab in der molekularbiologischen Untersuchung keine Beteiligung von Circovirus, Parvovirus, PRRS-Virus, Leptospiren und auch Chlamydien.
Bei der bakteriologischen Untersuchung der frisch abortierten Foeten fanden sich verschiedene Erreger wie Actinobacillus suis, E. coli und Clostridium perfringens und ergaben so einen weiteren Hinweis auf eine bakterielle Abortursache.
 
Die Ergebnisse hinsichtlich der Mycotoxinbelastung lagen im Normbereich. Auch die angefertigten Leberprofile zeigten keine Stoffwechselbelastung durch Mycotoxine.
 
 
Die weitere Vorgehensweise 
Als Therapie sollte eine Bestandsbehandlung gegen die bakterielle Mischinfektion durchgeführt werden. In den angefertigten Resistogrammen erwiesen sich alle oral einsetzbaren Antibiotika als nicht wirksam. Gute Wirksamkeit war von Enrofloxacin zu erwarten.
Die Sauenherde erhielt daraufhin 3 mal im Abstand von 24 Stunden Enrofloxacin (10% ig) per Injektion. Nach dieser Behandlung traten bisher keine Aborte mehr auf. Darüber hinaus sank die Umrauschquote um 5 Prozentpunkte.
 
 
Die Ursache 
Nach dem Behandlungserfolg wurde mit dem Landwirt ein detaillierte Ursachenforschung durchgeführt. Dabei wurde das Betriebsmanagement nochmals Punkt für Punkt überprüft und folgende Änderungen erarbeitet:
 
-        Infektionsdruck im Abferkelstall senken durch konsequentes Rein-Raus
-        Reinigung und Desinfektion der Abferkelabteile in der Serviceperiode
-        Sauen vor dem Abferkeln (ein-) waschen
-        Eingliederung der Jungsauen mit rechtzeitigem Erregeraustausch
-        Liegeflächen sauber und trocken halten (Einsatz von sog. Hygienepulver)
-        MMA-Prophylaxe durch geburtsvorbereitende Fütterung
-        Trinkwasserhygiene optimeren
-        Harnwegsinfektionen und pH-Wert des Harnes überwachen
-        Geburtshilfe minimieren und gleichzeitig Hygiene bei der Geburtshilfe optimieren
-        Kontrolle der Sau bis 2 Tage nach der Geburt (Fieber, Futteraufnahme, Ausfluss)
 
Bei dieser Überprüfung wurden unter anderem Defizite bei der Geburtshilfe festgestellt. So verwendete der Landwirt bei Eingriffen nur einen Einmalhandschuh für alle Sauen der jeweiligen Abferkelgruppe. 
 
 
Diskussion 
Störungen in der Trächtigkeit können verschiedenste Ursachen haben. Neben infektiöser Genese führen Fehler im Herdenmanagement oft zu Problemen. Deshalb ist in so einem Fall mit andauernden, immer wieder auftretenden sporadischen Aborten neben der beschriebenen Diagnostik auch die Haltung, Fütterung, biotechnische Zyklussteuerung und die Besamung zu überprüfen.
 
Viele Infektionserreger können Aborte auslösen. Als spezifische Aborterreger müssen PRRS-Virus, Circovirus, Parvovirus, aber auch Influenzavirus, sowie Leptospiren oder Chlamydien genannt werden.
Daneben spielen aber auch bakterielle Infektionen mit E. coli als alleinige Ursache, wie auch in Mischinfektion mit anderen bakteriellen Erregern eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Oft sind dann auch Harnwegsinfektionen zu beobachten.
 
Erreger von Tierseuchen sollten routinemäßig bei einem solchen Geschehen auch immer mit abgeprüft werden. 

zurück zur Übersicht