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Fall des Monats Februar 2006

Aufgegaste, tote Sauen
Christin Lehmann, Praxis Dr. Heggemann, Tellingstedt 

Der Bestand

Es handelt sich um einen Betrieb mit 450 Sauen, angeschlossener Mast und Eigenremontierung. Es wird ausschließlich Sperma zugekauft. Das Impfprogramm der Sauen besteht aus regelmäßigen Impfungen gegen Rotlauf und Parvovirose; die Herde ist PRRS frei und PCV II (Circo) positiv. Die Säugezeit beträgt 21 Tage; nach positivem Trächtigkeitstest werden die Sauen in Gruppen gehalten. Ein konsequentes Einhalten des Rein - Raus- Prinzips ist im Abferkelstall aus Platzgründen nicht immer möglich.


 
Der Fall
 

In einer Woche waren plötzlich 3 Sauen im Abferkelbereich verendet. Auffällig dabei war, dass diese Tiere bereits nach 2 Stunden extrem aufgebläht waren. Diese Sauen waren bereits ohne weitere Untersuchung über die Tierkörperbeseitigungsanlage entsorgt worden.Im Verlauf der nächsten 14 Tage verendeten 4 weitere Sauen mit den gleichen Anzeichen.

 


Die Untersuchung

Als unsere Praxis zu dem Fall hinzugezogen wurde, konnten beim Stalldurchgang bei den lebenden Tieren keine Auffälligkeiten festgestellt werden. Körpertemperatur, 

Fressverhalten, Leistungsparameter und das äußere Erscheinungsbild der Tiere war ohne besonderen Befund. Bei der Besichtigung der letzten verendeten Sau fiel neben der starken, schnellen Aufgasung außerdem auf, dass unter der Haut auf Druck knisternde Geräusche zu hören und unter den Fingern ein Gefühl von platzenden Luftbläschen vorhanden war. Der Eindruck der Finger blieb auf der Haut außergewöhnlich lange bestehen und vermittelte eine teigige Konsistenz der Unterhaut. Auf Befragen bestätigte der Landwirt, dass alle Sauen in der zweiten Woche nach dem Abferkeln verendet waren. Aufgrund der Symptome wurde die Verdachtsdiagnose Clostridien- Infektion gestellt. Die letzte verendete Sau wurde zur Untersuchung und Differentialdiagnose in ein Untersuchungsinstitut verbracht.

 


Weiteres Vorgehen

Die Untersuchung im Labor ergab letztendlich eine massive Infektion mit Clostridium novyi.Daraufhin wurde als Sofortmaßnahme der gesamte Sauenbestand zweimal im Abstand von 5 Wochen mit einem Impfstoff, der diesen Clostridienstamm beinhaltet, geimpft (Grundimmunisierung). Desweiteren wurde besprochen, dass die Sauen jeweils 14 Tage vor dem Abferkeln geimpft werden.

 


Verlauf
 

Nach der Impfung traten keine weiteren Todesfälle mehr auf, die mit einer Clostridieninfektion in Verbindung gebracht werden konnten.

 


Diskussion und Bewertung
 

Clostridien kommen in verschiedenen Arten und dort wiederum in verschiedenen Subtypen bei mehreren Tierarten, insbesondere auch Wiederkäuern, vor. Beim Menschen ist der sog. Wundstarrkrampf (Tetanus), verursacht durch Clostridium (Cl.) tetani, am bekanntesten. Alle Clostridien können in der Umwelt auch unter ungünstigen Bedingungen durch ihre Fähigkeit der Versporung sehr lange überleben. Cl. perfringens kennt man durch einschlägige Erkrankungsbilder beim Saugferkel. Desweiteren spielen Cl. septicum und Cl. haemolyticum eine Rolle. Cl. chauvoei Infektionen seien der Vollständigkeit halber erwähnt. Botulismus, verursacht durch Cl. botulinum, ist beim Schwein grundsätzlich möglich, aber selten.

 

Die in diesem Fall als ursächlich für das Verenden der Tiere gefundenen Clostridien novyi sind in der modernen Schweineproduktion immer wieder anzutreffen. Auch nach längeren Leerstehphasen eines Stallgebäudes, wie z.B. nach der Wende, sind diese Erreger immer noch vorhanden. Auch mit üblichen Reinigungs- und Desinfektionsmethoden ist eine restlose Beseitigung dieser Erregergruppe nur sehr schwer oder gar nicht zu erreichen.

 

Die Cl. novyi Infektion beim Schwein zeichnet sich durch ein relativ typisches Krankheitsbild (wie oben beschrieben) aus. In der Sektion können die beschriebenen Gasbläschen nicht nur in der Unterhaut, sondern auch in inneren Organen wie der Leber gefunden werden. Interessant ist auch die Tatsache, dass solche Verendungen fast immer nach dem Abferkeln stattfinden; dabei am häufigsten in der zweiten Laktationswoche, seltener schon in der ersten Woche nach dem Abferkeln. Die genauen Zusammenhänge dafür sind nicht klar, dürften aber direkt oder indirekt mit der aufgenommen Futtermenge zusammenhängen. Wichtig für den ursächlichen (!) Nachweis von Cl. novyi aus verendeten Tieren ist die schnelle Untersuchung. Aus älterem Material sind häufig Clostridien zu isolieren, ohne das sie aber für den Tod verantwortlich wären. Dies gilt insbesondere in der warmen Jahreszeit.  

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