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Fall des Monats Februar 2008

Seuchenhaftes Auftreten von nässendem Ekzem in einem Sauenbestand 
Dr. Reinhold Heggemann, 25782 Tellingstedt, Praxis für tierärztliche Bestandsbetreuung und Qualitätssicherung im Erzeugerbetrieb Schwein 

Der Bestand 

Diesen Monat geht es um einen Bestand mit ca. 450 Sauen ohne eigene Mast. Gesundheitliche Probleme gab es eigentlich bis auf einige Streptokokkenfälle im Flatdeck bisher nicht. Der Betrieb ist nach wie vor PRRS – frei und impft die Sauen lediglich gegen Rotlauf und Parvovirose.

 

 

Der Fall 

In diesem Betrieb fungieren wir nicht als Hoftierarzt, sondern als beratende Praxis. Bei dem vorletzten und letzten Besuch fielen viele Absetzferkel im Flatdeck (in der Spitze bis zu 40%)  durch gräuliche Verfärbung der Haut auf, teilweise kombiniert mit feuchten schmierigen Belägen und als Folge davon auch minderwüchsige Ferkel. Die betroffenen Tiere waren durch den Hoftierarzt bereits mehrfach mit Penicillin mittels Injektion oder mit Amoxicillin über das Wasser behandelt worden, jedoch ohne durchschlagenden bzw. dauerhaften Erfolg. Zudem traten immer wieder neue schwere Fälle von nässendem Ekzem auf.

 

 

Nässendes Ekzem im fortgeschrittenen Stadium


Die Untersuchung
 

Die Herangehensweise an dieses Problem bestand aus zwei Wegen. Zum Einen musste abgeklärt werden, warum die durchgeführten Behandlungen kein befriedigendes Ergebnis erbrachten und zum Zweiten galt es abzuklären, warum immer wieder Neuerkrankungen auftraten.

Zunächst wurden deshalb von 3 Ferkeln Hauttupfer entnommen. Dazu löst man Krusten ab, um dann darunter von frisch freigelegten Hautpartien den Tupfer zu entnehmen. Dies sollte, wenn irgend möglich von nicht vorbehandelten Tieren erfolgen. Um die Ursache der ständigen Neuerkrankungen zu verifizieren, wurde die klinische Untersuchung auch sehr detailliert auf die Saugferkel in den Abferkelabteilen ausgedehnt.

 

 

Ergebnisse und weiteres Vorgehen 

Die Hauttupfer erbrachten wie erwartet in allen 3 Fällen eine Besiedlung mit Staphylokokkus hyicus, dem typischen Erreger des nässenden Ekzems. Zusätzlich wurde noch Staphylokokkus aureus gefunden. Interessant war, das beide Staphylokkokenstämme sowohl gegen Penicillin, als auch gegen Amoxicillin resistent waren. Wirksam dagegen waren Wirkstoffe wie Florphenicol und Enrofloxacin.

Bei der klinischen Untersuchung der Saugferkel konnten bereits hier bei 80% der Ferkel Kratz- und Bissverletzungen im Backenbereich festgestellt werden, häufig auch erst in der 2. oder 3. Laktationswoche. Die sogenannten Reißzähne waren sehr spitz und der Betriebsleiter bestätigte auf Anfrage, dass derzeit keinerlei Zahnkürzungen bei den Saugferkeln durchgeführt werden.

Als Konsequenz aus den Untersuchungsergebnissen und der eingehenden Besichtigung der Ferkel wurde sofort die Behandlung der erkrankten Tiere auf die wirksamen Medikamente mit erhöhter Dosis umgestellt und als Standardmaßnahme das Kürzen der Zähne mittels eines Schleifgerätes durchgeführt.


 
Verlauf 

Einige bereits völlig abgemagerte moribunde Tiere wurden sofort euthanasiert. Die Behandlung der anderen erkrankten Tiere mit Enrofloxacin in der doppelten empfohlenen Dosierung mittels zweimaliger Injektion führte in allen Fällen zu einer Abtrocknung und Abheilung des nässenden Ekzems.











Nässendes Ekzem im Endstadium unter Beteiligung innerer Organe

Neuerkrankungen traten nur noch in den zuletzt abgesetzten Gruppen auf, wo noch keine Zahnkürzungen durchgeführt worden waren. Bei den folgenden Gruppen mit abgeschliffenen Zähnen gab es keine Neuerkrankungen.



Diskussion und Bewertung 

Nässendes Ekzem in der Häufigkeit wie in diesem Fall, tritt eigentlich heute in modernen Schweinehaltungen nur sehr selten auf. Der Grund dafür liegt in den doch fast routinemäßig durchgeführten Zahnkürzungen bei Saugferkeln. Diese können insbesondere bei MMA- Problemen oder aber generell bei sehr großen Würfen oder Jungsauenwürfen notwendig sein.

Werden die Zähne nicht gekürzt, bilden die gegenseitig zugefügten Wunden im Wangenbereich eine ideale Eintrittspforte für entsprechende Keime. Kommt eine Immunitätsschwäche der Ferkel z. B. durch eine Circovirusinfektion oder Toxinbelastung hinzu, können dann solche (Einzeltier-) Erkrankungen seuchenhafte Züge annehmen.

 

Bei der Akutbehandlung erkrankter Tiere ist der schnelle Einsatz wirksamer Substanzen in hoher Dosierung entscheidend für den Erfolg. Während früher Penicillinpräparate oder Abkömmlinge davon bei Staphylokokkus hyicus – Erkrankungen das Mittel der Wahl waren, zeigen die Antibiogramme von Hauttupferproben zunehmend Resistenzen. Daher sollte zeitgleich mit der Erstbehandlung immer ein Resistenztest angefertigt werden.

 

Der eingesetzte Wirkstoff ist nach unserer Erfahrung 2-fach der empfohlenen Dosierung einzusetzen, da gerade die oberste Hautschicht, welche mit Staphylokokkus hyicus besiedelt ist, schlecht durchblutet ist.

 

Zu bedenken ist auch, dass sich der Erreger mit Fortschreiten der Erkrankung nicht nur auf die Haut beschränkt, sondern auch die inneren Organe und Körperhöhlen befällt. Solche Tiere sind aufgrund des Kümmerns oder sogar des Verendens als Totalverlust zu verbuchen.

 

Um Staphylokokkus hyicus – Infektionen gar nicht erst aufkommen zu lassen, sollten generell Zähne bei Saugferkeln in den ersten 2 Lebenstagen geschliffen werden. Dabei reicht es völlig, nur die Zahnspitzen zu schleifen und nicht den ganzen Zahn. Ein Abkneifen der Zähne mittels einer Zange oder eines Seitenschneiders ist aus medizinischer und aus tierschützerischer Sicht abzulehnen. Hier finden nachgewiesenermaßen Splitterungen bis in die Zahnwurzeln statt, die wiederum eine hervorragende Eintrittspforte für verschiedene Erreger darstellen.

 

Wasch- oder Sprühbehandlungen infizierter Tiere mit jodhaltigen oder anderen Desinfektionsmitteln können allenfalls eine unterstützende Wirkung haben. 

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