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Fall des Monats Januar 2002

Ungewöhnlich hohe Umrauscher- und Abortrate im Sauenbetrieb 

Der Bestand
Bei dem Bestand handelt es sich um einen ferkelerzeugenden Betrieb mit 350 Sauen. Die Absatzferkel werden in einem gesonderten Gebäude aufgezogen und als Mastläufer verkauft. Der Betrieb hat einen hohen Hygienestandard und ein sehr gutes Management. Die Leistungsdaten sind überdurchschnittlich.


Das Problem
Plötzlich trat eine erhöhte Umrauscherquote auf, die einen Tierarztbesuch erforderlich machte. Es rauschten ca. 25% der belegten Sauen um. Gleichzeitig fiel auf, dass ca. 2% der Sauen abortiert hatten.


Der Gesundheitsstatus
Die Sauen sind regelmäßig gegen Influenza, Rotlauf, Parvovirose geimpft, der Bestand ist PRRS-frei.
 


Die Untersuchungen
Es wurde ein frischer Fetus mit Nachgeburt und 5 Blutproben von umrauschenden Sauen zur Untersuchung eingesandt. 
Bei der virologischen und bakteriologischen Untersuchung des Fetus wurden weder pathogene (= krankmachende) Keime noch Viren nachgewiesen.

Bei den Blutproben war die Untersuchung auf Leptospiren und PRRS negativ, auf Chlamydien bei allen Proben positiv. 


Infektionen durch Chlamydien
Chlamydien zählen zu den Bakterien und kommen in Schweinebeständen sehr häufig vor. Sie sind wenig wirts- oder organspezifisch und hauptsächlich bekannt durch die Psittakose (= Papageienkrankheit) bei Vögeln. Beim Schwein sind sie häufig an der Entstehung von Atemwegsinfektionen beteiligt, die Erkrankung gleicht dann der Mykoplasmenpneumonie. Als Verursacher von Spätaborten und/oder Umrauschen sind sie oft nur schwer nachweisbar. Ein positiver Chlamydienbefund aus Blutproben (Antikörpernachweis) allein ist nicht aussagekräftig, da Blutproben häufig positiv reagieren, ohne das Chlamydien auch tatsächlich und ursächlich am Geschehen beteiligt wären! Entscheidend ist vielmehr der Erregernachweis im Zielorgan wie Gebärmutter oder im Fetus bzw. Nachgeburt.

Die Übertragung kann aerogen (= über die Atemluft), oral (= über das Maul) oder genital (= beim Deckakt) geschehen. Da Chlamydien auch bei Tauben und Schadnagern sehr weit verbreitet sind, bleibt in der Regel ungeklärt, wie die Infektion in einen Bestand gelangt.
 


Weitere Untersuchungen
Obwohl das Untersuchungsergebnis der Blutproben relativ eindeutig war, wurde sicherheitshalber bei 4 Schlachtsauen, die zuvor umgerauscht hatten, eine Sektion durchgeführt. Bei 2 der untersuchten Tiere war die Gebärmutterschleimhaut ödematös verdickt, in einem dieser Organe fand sich eine klare, bernsteinfarbene Flüssigkeit, die für einen nichttragenden Uterus ungewöhnlich ist. Bei 2 Sauen lag kein pathologischer Uterusbefund vor.

Aus den Schleimhäuten dieser 4 Gebärmuttern wurden Tupfer entnommen und zur Untersuchung an ein Labor gesandt. Per PCR (= Polymerase-Ketten-Reaktion) wurde in 3 Fällen ein positiver Chlamydienbefund erhoben (Erregernachweis).
 


Therapie
Da man davon ausgehen kann, dass der überwiegende Teil der Sauen von der Infektion betroffen ist, wurde eine Bestandsbehandlung mit Tetrazyklin über das Futter durchgeführt. 

Während der 14-tägigen Behandlung traten noch 2 Aborte auf und 6 Sauen rauschten um. Danach normalisierten sich die Zahlen wieder auf dem vor der Infektion herrschenden niedrigen Niveau.
 


Weitere Maßnahmen
Auf diesem Bestand hatten seit Ende des Sommers vermehrt Ratten in die Stallungen gedrängt, eine verstärkte Schadnagerbekämpfung hatte daraufhin stattgefunden. Als Fraßgift wurde seit Jahren dasselbe Präparat eingesetzt. Es war jedoch aufgefallen, dass häufiger Ratten gesehen wurden, als in den vergangenen Jahren. Eventuell besteht ein kausaler Zusammenhang zwischen der Resistenz der Ratten gegenüber einem Wirkstoff, der bereits zu lange eingesetzt wurde und der Chlamydien-Infektion der Sauen. Nach dem Wechsel des Rattengiftes wurde schnell ein Rückgang der Schadnagerpopulation festgestellt.  

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