Fall des Monats Januar 2003
Unzureichende Entwicklung und Durchfälle bei abgesetzten Ferkeln
Der Bestand:
Ferkelerzeugerbetrieb mit ca. 130 Sauen. Die abgesetzten Flatdeckferkel werden in ein separates Gebäude aufgestallt. Zusätzlich zu den eigenen Ferkeln werden noch Babyferkel mit 3 Wochen Alter zugekauft und aufgezogen. Der Bestand ist PRRS-positiv. Ebenso kommen die zugekauften Babyferkel aus einem „PRRS-Bestand“. Bei den Sauen werden Impfungen gegen Parvo-Rotlauf und PRRS, bei den Ferkeln gegen Mycoplasmen durchgeführt. Die Fütterung der Ferkel beginnt bereits im Abferkelstall als Zufütterung mit eingeweichtem Prestarter. Dieses Futter wird auch die ersten 7-10 Tage nach dem Absetzen in mobilen Langtrögen mit einem Freßplatzverhältnis von 1:1 verabreicht. Zusätzlich haben die Ferkel die Möglichkeit, Trockenfutter aus einem Automaten ad libitum aufzunehmen. Der Betrieb arbeitet im 4-Wochen Rhythmus und betreibt auch noch Rinderhaltung.
Der Fall:
Der Besitzer berichtete von nicht zufriedenstellenden Ergebnissen bei abgesetzten Ferkeln im Flatdeck. Es traten in den ersten 14 Tagen nach Einstallung immer wieder Durchfälle auf. Einzeltiere zeigten Pneumoniesymptome mit Fieber, struppigem Haarkleid und teilweise geröteten, geschwollenen Augen. Die Ferkel sahen teilweise aus „wie geschminkt“ (siehe auch: Fall des Monats Februar 2002). Insgesamt war das Wachstum der Gruppen sehr unausgeglichen.
Die Untersuchung:
Um den möglichen Ursachen auf die Spur zu kommen, wurden umfangreiche Untersuchungen durchgeführt. Zwei Kotproben im Abstand von vier Wochen, Blutproben von eigenen als auch zugekauften Babyferkeln, Nasen- und 2 Augentupfer kamen zur Untersuchung.
Dabei wurden folgende Ergebnisse gefunden:
Aus beiden Kotproben konnte hochgradig E. coli (Typ O141, K85 ab) isoliert werden. Dazu wurden noch geringgradig Hefen, Brachyspiren (Erreger der Dysenterie) und Coccidien nachgewiesen. Der Resistenztest bezüglich des E. coli Stammes war in beiden Fällen nahezu identisch.
Die Blutproben wurden auf PRRS und Circovirus untersucht. Dabei wurden 5 Proben am Anfang und 5 Proben am Ende der Flatdeckaufzucht entnommen. In allen Proben konnten weder PRRS-Virus noch PRRS-Antikörper nachgewiesen werden. Die 5 Proben am Flatdeckende waren alle positiv auf Circovirus Typ 2.
In dem Nasentupfer wurden keine spezifischen Erreger nachgewiesen. Im Gegensatz dazu wurden in den Augentupfern Chlamydien mittels PCR gefunden.
Mögliche Ursachen:
Aufgrund des relativ unspezifischen klinischen Eindrucks ist es schwierig bis unmöglich nur anhand der Klinik eine klare Diagnose zu stellen, bzw. Differentialdignosen abzugrenzen. Nach der Stallbegehung war klar, dass hier verschiedene Erreger, bzw. Krankheitsbilder fließend ineinander übergehen. Die Probenergebnisse spiegeln das komplexe Spektrum an Erregern wider, die in diesem Fall beteiligt sind. In solchen Situationen besteht die Schwierigkeit darin, abzuschätzen welcher oder welche Erreger die Hauptrolle spielen. Dabei müssen gerade auch die klinischen Eindrücke aus dem Stall mit in die Bewertung einbezogen werden. Nicht jeder Erreger, der nachgewiesen wird, spielt auch tatsächlich eine „tragende Rolle“. In den Laborergebnissen konnte eindrucksvoll die dominierende Rolle der E. coli(+++) Infektion demonstriert werden, die auch mit dem klinischen Eindruck der Ferkel übereinstimmte. Die anderen gefundenen Keime im Kot (Brachyspiren(+), Coccidien(+)) dürften hier, auch aufgrund der fehlenden typischen Klinik, nur eine Nebenrolle spielen.
In die Bewertung des Falles sind mögliche Infektionen mit PRRS und Circovirus mit einzubeziehen. Wie die Blutuntersuchungen zeigten, lag keine Infektion mit PRRS vor, was im Grunde auch aufgrund der Impfung der Sauen und der räumlichen Trennung des Flatdeckstalles so zu erwarten war. Anders die Situation hinsichtlich Circovirus. Hier konnte eindeutig eine Beteiligung nachgewiesen werden.
Weiteres Vorgehen:
Als Sofortmaßnahme wurde zunächst das Futter und die Fütterung umgestellt. Dem Futter wurde Säure zugemischt und die ad libitum Fütterung aus dem Automaten wurde in den ersten 7 –10 Tagen eingestellt, so dass in diesem Zeitraum eine rationierte Fütterung über die mobilen Langtröge möglich wurde. Aufgrund der Pneumoniesymptome und des relativ schlechten Gesamteindruckes der Ferkel mit teilweise deutlich gestörtem Allgemeinbefinden wurde eine Medizinierung des gesamten Flatdeckstalles mit Tetracyclin über eine Woche durchgeführt. Eine Impfung der Ferkel gegen PRRS erschien aufgrund der Blutprobenergebnisse derzeit nicht sinnvoll.
Verlauf:
Durch Umstellung der Fütterung und Fütterungstechnik konnte eine deutliche Verbesserung in der Entwicklung der Ferkel erreicht werden. Die Durchfälle sind deutlich reduziert, kommen aber sporadisch noch vor. Pneumoniesymptome sind derzeit nicht zu beobachten. Es soll versucht werden, zukünftig ohne Medizinierung der Ferkel auszukommen. Wir werden die Entwicklung der Ferkel in den nächsten vier Wochen kritisch beobachten. Eventuell kann ein metaphylaktischer Einsatz von z.B. Colistin nötig werden.