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Fall des Monats Januar 2006

Rote Flecken im Mastbestand

Jens Jungbloot, Praxis Dr. Heggemann, Tellingstedt 

Der Bestand

Diesen Monat berichten wir aus einem Mastbestand mit 1200 Plätzen, der Ferkel ausschließlich aus einer Herkunft bezieht und mit kontinuierlich guten Leistungen produziert.

Wir berichten von einer früher häufig vorkommenden Erkrankung, die in der modernen Schweineproduktion nur noch selten zu sehen und daher fast in Vergessenheit geraten ist.

 

Der Fall

Der Besitzer informierte uns telefonisch, dass am Schlachthof 6 Tiere vorläufig beschlagnahmt worden seien, weil diese rote Flecken aufwiesen, die den Verdacht einer akuten Rotlaufinfektion begründeten. Diese roten Flecken wären auch im Bestand bei den ältesten Tieren teilweise zu sehen. Insgesamt wären die Tiere lustlos und zwei seien bei dem Umtrieb in ein „Resteabteil“ verendet.

 

Die Untersuchung

Die Mitteilung einer akuten Rotlaufinfektion stieß zunächst auf Skepsis, da in den letzten 15 Jahren kein einziger Rotlauffall in unserer Praxis vorgekommen ist. Möglicherweise könnte es sich auch um Veränderungen im Sinne der PDNS, verursacht durch Circovirus handeln.

 

 

Bei einem sofortigen Besuch auf dem Schlachthof fanden sich tatsächlich mehrere Tiere mit den für Rotlauf typischen Backsteinblattern, aber auch Tiere mit der septikämischen Form. Daraufhin wurden die Resttiere auf dem Betrieb gründlich untersucht und auch hier fanden sich Einzeltiere mit Backsteinblattern. Alle Tiere des Abteils waren teilnahmslos; fast apathisch. Temperaturmessungen ergaben Höchstwerte von 41,7° C. Die restlichen Abteile mit jüngeren Tieren waren nicht betroffen.

 

       

 

Weiteres Vorgehen

Als Sofortmaßnahme wurde das betroffene Abteil komplett per Injektion mit einem Penicillinpräparat behandelt. Da befürchtet wurde, dass die Infektion auch auf andere Abteile und den Gesamtbestand übergreifen könnte, wurde der komplette Betrieb mit 20 mg/kg KGW Amoxicillin über 5 Tage oral mediziniert.


 

Verlauf

Die Medizinierung führte zu einer Klinikfreiheit für 14 Tage. Danach erkrankten junge Masttiere, die in das Abteil vom Erstausbruch eingestallt worden waren ebenfalls an Hautrotlauf. Dabei fanden sich zwei klinische Bilder: zum einen wieder Backsteinblattern, aber auch Tiere mit nesselartigen Veränderungen auf dem Schinken. Auch im Resteabteil fanden sich neu erkrankte Tiere.

Diese Masse an Reinfektionen -trotz der Medizinierung- war überraschend für uns. Da wahrscheinlich immer wieder mit Reinfektionen zu rechnen ist, werden jetzt alle jungen Läufer im Alter von 12 Wochen und im Alter von 18 Wochen zweimal mit einer Totvakzine gegen Rotlauf geimpft. Diese Maßnahme soll zeitlich begrenzt für ein halbes Jahr durchgeführt werden, in der Hoffnung, die Infektkette zum Abreißen zu bringen.

 

 

Diskussion und Bewertung

Der Eintrag des Erregers in den Bestand konnte nicht geklärt werden. Rotlauferreger (Erysipelothrix rhusiopathiae) gelten als ubiquitär, das heißt, er kommt häufig in der Umwelt bzw. in Schweinen vor. Auch bei gesunden Schweinen ist er häufig nachweisbar, ohne das es zur Erkrankung kommt. Als Eintragsquellen kommen andere Säugetierarten oder Vögel, aber auch der Mensch, sowie Schadnager in Frage. Verfütterte Speiseabfälle waren früher, gerade auch in Hobbyhaltungen, eine wichtige Eintragsquelle. In der Umwelt ist der Erreger bis zu einem halben Jahr überlebensfähig.

 

Heute ist die Rotlauferkrankung eher selten geworden. Dafür gibt es im wesentlichen zwei Gründe. Erstens werden  kaum noch unbehandelte Speiseabfälle verfüttert und zweitens gehört die Rotlaufimpfung in Sauenbetrieben heute weitgehend zum Standartimpfprogramm. Dadurch sind die Ferkel und Läufer über die maternale Immunität bis zu einem Alter von ca. 12 Wochen geschützt.

 

Neben der hier beschriebenen Form des Rotlaufes mit den sog. Backsteinblattern gibt es auch noch andere klinische Bilder:

 

  1. Septikämischer Rotlauf: Tiere haben Temperaturen bis zu 42°C, gestörtes Allgemeinbefinden, perakute Todesfälle.
  2. Hautrotlauf: Hier stehen die sog. Backsteinblattern im Vordergrund. Dies sind oft rechteckige, rötliche Hautveränderungen, die beetartig über die Körperoberfläche hervorragen und manchmal einen dunkelrotem Kern aufweisen. Sie treten vereinzelt oder über den ganzen Körper verstreut auf.
  3. Herzrotlauf: An den Herzklappen finden sich blumenkohlartige Veränderungen. Oft Zufallsbefund bei der Schlachtung. Im Bestand kann dies zu unerklärlichen, plötzlichen Todesfällen oder auch chronischen Abmagerungen führen.
  4. Gelenkrotlauf: Im Vordergrund stehen schmerzhafte Entzündungen einzelner Gelenke. Alle Gelenke  können betroffen sein.

 

Im vorliegenden Fall scheint es sich um einen äußerst pathogenen Serotyp des Rotlauferregers zu handeln. Trotz Behandlung waren immer wieder erkrankte Tiere zu finden. Dabei kann sicher ausgeschlossen werden, das die Rotlauferreger gegen das eingesetzte Penicillin bzw. Amoxicillin eine Resistenz entwickelt haben könnten. Bei akuten Rotlaufausbrüchen mit massiver Erregerausscheidung sollte auch beachtet werden, das es sich hier um eine sog. Zoonose handelt, d.h. auch Menschen sind für Rotlauferreger empfänglich.

  

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