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Fall des Monats Januar 2007

Durchfall bei Absatzferkeln
Jens Jungbloot, Praxis Dr. R. Heggemann in 25782 Tellingstedt 

Der Bestand   
Der heute vorzustellende Betrieb produziert mit 350 Sauen Mastferkel, die auf einem zweiten, separaten Standort ausgemästet werden. Jungsauen für die Remontierung werden zugekauft. Die Belegungen erfolgen ausschließlich durch künstliche Besamung. Der Bestand ist PRRS positiv; die Sauen werden alle vier Monate gegen PRRS geimpft. Außerdem erhalten die Sauen halbjährlich eine Schutzimpfung gegen Parvo/Rotlauf und Influenza. 
Weiterhin ist der Betrieb APP positiv, so dass die Ferkel neben der Mycoplasmenimpfung auch eine Schutzimpfung gegen APP erhalten. 
Der Bestand läuft mit den geschilderten Impfungen seit Jahren auf einem stabilen, hohen Niveau. Es werden 27,6 Ferkel pro Sau und Jahr abgesetzt. Die Flatdeckverluste liegen bei 3,2 Prozent. Der Betrieb arbeitet mit einer dreiwöchigen Säugezeit und fährt einen Vierwochen-Rhythmus. 
  
  
Der Fall   
Da der Betrieb in der Vergangenheit immer wieder Probleme mit der sog. Oedemkrankheit hatte, werden die Ferkel nach dem Absetzen zwei Wochen lang oral mit Colistin über das Trinkwasser mit gutem Erfolg mediziniert; durch E.coli bedingte Erkrankungen bzw. Todesfälle traten so gut wie nicht auf. Plötzlich stiegen die Erkrankungen durch wässrigen  gelblich-bräunlichen Durchfall, einhergehend mit erhöhten Todesfällen, an. Dies geschah unter der Colistinmedizinierung. Betroffen waren die Ferkel einer kompletten Absetzgruppe. Die Ferkel der vier Wochen älteren Absetzgruppe waren nicht erkrankt. In der betroffenen Gruppe stiegen die Verluste auf etwa zehn Prozent an. 
  

Die Untersuchung   
Es wurden zwei frisch erkrankte Tiere zur Sektion gebracht. Der pathologische Befund lautete „hochgradige Enteritis“ (Darmentzündung). Endoparasiten wurden nicht nachgewiesen. Bakteriologisch wurden folgende Erreger gefunden: 
 

Lunge

E.coli var. haemolytica

Haemophilus sp.

Organe

E.coli var. haemolytica

Salmonellenanreicherung negativ

Darm

E.coli, mehrfach typisierbar

O149:K91 + O8:K87 + O147:K89


    
Virologisch konnte im Kot zusätzlich Coronavirus mit Hilfe des Elektronenmikroskops nachgewiesen werden. Die Beurteilung und Diagnose lautete abschließend “Enteritis infolge einer Corona-Virus-Infektion und einer Infektion mit E.coli“. 


Weiteres Vorgehen
   
Als erste Maßnahme wurde das Futter für 48 Stunden entzogen und reichlich Trinkwasser mit 6 g Kochsalz und 50 g Traubenzucker/Liter Wasser angeboten. Dieses Vorgehen ist notwendig, da bei dieser Erkrankung mit wässrigem Durchfall die Tiere schnell austrocknen. Es können natürlich auch handelsübliche Elektrolytlösungen wie z.B. „Sicco Stop“ zum Einsatz kommen. Eine direkte Bekämpfung des Coronavirus ist nicht möglich. Deshalb wurde eine schnelle Durchseuchung innerhalb dieser Absetzgruppe unterstützt, indem die Tiere gemischt wurden. Zu der älteren Absetzgruppe wurde eine strikte Trennung eingehalten. Nachdem die Futteraufnahme sich wieder steigerte, erfolgte eine Versorgung der Ferkel über das Futter mit Enteroxid® (Colistin plus Zinkoxid) für zehn Tage, um Sekundärinfektionen zu verhindern. 
  
  
Weiterer Verlauf   
Die Erkrankung blieb auf diese eine Absetzgruppe beschränkt. Der Durchfall hielt etwa zwei Wochen an. Die Tiere, die das Geschehen überlebt hatten, entwickelten sich mit Verzögerung, aber relativ normal. Es gab keine erhöhte Anzahl an kümmernden Ferkeln. 
  

Diskussion und Bewertung   
Auf Grund der Diagnostik ist davon auszugehen, dass ein Coronavirus an der Erkrankung beteiligt war. In der Fachliteratur werden drei verschiedene Krankheitsbilder beschrieben, die vom Coronavirus hervorgerufen werden: 
  
TGE = Transmissible Gastroenteritis (übertragbare Magen- Darmentzündung) 
EVD = Epizootische Virusdiarrhoe (örtlich und zeitlich beschränkter Virusdurchfall). 
VWD = Vomiting and wasting disease (Erbrechen und Kümmern der Ferkel) 
  
Bei diesen genannten Erkrankungen werden z.T. drastische Krankheitsabläufe, wie stark erhöhte Todesfälle oder ein geradezu seuchenartiges Geschehen beschrieben. In unserem Fall war zwar auch die gesamte Gruppe zu 100% erkrankt und die Ausfallrate lag bei 10%, jedoch beschränkte sich das klinische Erkrankungsbild lediglich auf eine Absetzgruppe und nicht auf den Gesamtbestand. 
  
Auf Grund der Elektronenmikroskop-Diagnostik „Coronavirus“ kann keine Aussage über die Krankheitsform gemacht werden. Doch das Auftreten im Flatdeck und der klinische Verlauf lassen die Vermutung zu, dass es sich um die EVD gehandelt hat. Wie der Eintrag statt fand, kann im Nachhinein nicht mehr gesagt werden. In der Regel erfolgt er über Zukauf, aber auch unbelebte Vektoren kommen als Eintragsquelle in Frage. 
 Die Bedeutung der Coronavirusinfektionen, die früher immer verlustreich waren (Oldenburger Schweineseuche), hat deutlich abgenommen. Die Bestände sind heute in der Mehrzahl „durchseucht“ und weisen eine stabile Bestandsimmunität auf. Bei der EVD hält diese auf das Einzeltier bezogen allerdings nicht lebenslang. Auch schützt eine erworbene Immunität gegen EVD nicht vor TGE und umgekehrt. Versuche mit Impfstoffen waren bisher nicht erfolgreich. 

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