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Fall des Monats Januar 2010

MMA und andere Probleme: Fütterung als Schlüssel für die Sauengesundheit 
Jens Jungbloot, Praxis für tierärztliche Bestandsbetreuung und Qualitätssicherung im Erzeugerbetrieb Schwein
Dr. Reinhold Heggemann, 25782 Tellingstedt  

Der Bestand 
Diesen Monat präsentieren wir Ihnen den Fall einer neu aufgebauten, PRRS freien 600 Sauenherde in Gruppenhaltung und Transponderfütterung. Die Abferkelung findet im Zweiwochenrhythmus in zwei getrennten Abteilen im Rein/Raus Verfahren statt. Die Säugezeit beträgt einundzwanzig Tage. Die Aufzucht der abgesetzten Ferkel findet auf einem separaten Standort auf dem Hof statt. 

Die Belegung der Sauen im Eroscenter und erfolgt im Kastenstand; positiv getestete Sauen kamen dann am 42. Trächtigkeitstag in die Gruppenhaltung. 
Die Sauenherde wird gegen Influenza, Parvovirose und Rotlauf geimpft; 
die Ferkel am 14. Lebenstag gegen Enzootische Pneumonie und Circovirose. 


Der Fall 
Die Belegung im Kastenstand brachte gute Ergebnisse, die Umrauschrate lag bei 8 Prozent. Nach der Umstallung in die Gruppenhaltung war aber eine deutliche Unruhe in den Gruppen feststellbar. Einzelne Sauen wurden von dominanten Sauen derartig unterdrückt, dass sie ihr Futter nicht mehr oder nur unzureichend unter großer Stressbelastung aufnahmen und mussten letztendlich oft aus der Gruppe heraus genommen werden. Eine Verminderung der Gruppengröße brachte erst bei einer 70% -igen Reduzierung der Belegungsempfehlungen des Stallbauunternehmers dauerhafte Stabilität und Ruhe. 
Die Abferkelungen verliefen ohne nennenswerte Probleme. Die Wurfgröße war mit 12,8 lebensfähigen Ferkeln akzeptabel. Am zweiten Säugetag allerdings reagierten 90 % der Sauen mit Fieber (40,0 bis 40,8°C), Fressunlust und Milchmangel, zu ca. 40% auch mit deutlichem Ausfluss aus der Gebärmutter. Der durch diese Thematik erhöhte Anteil an zurückbleibenden Ferkeln musste durch massiven Einsatz von Ammensauen aufgefangen werden. 






links: Sau mit Milchmangel; zu erkennen an "unruhigen Ferkeln".


rechts: Kalkablagerungen an der Scheide; Hinweis auf eine mögliche Ca-Überversorgung



Die Untersuchung 
Im vorgestellten Fall wiesen die klinischen Symptome im Abferkelstall auf eine klassische MMA- Erkrankung hin. 
MMA ist die Abkürzung für Metritis (Gebärmutterentzündung), Mastitis (Gesäugeentzündung) und Agalaktie (Milchmangel). 
Die bakteriologische Untersuchung von Tupferproben aus der Gebärmutter und Milchproben fanden hämolysierende E. Coli, Steptococcen und Staphylococcus aureus. 
Als gut wirksame Wirkstoffe für die Sofortbehandlung erwiesen sich im Resistenztest Amoxicillin, Enrofloxacin und Trimethoprim-Sulfonamid (TMS). 


Die Behandlung 
Da in den verschiedenen Abferkelgruppen ständig ca. 90 % der Sauen klinisch erkrankten, wurde als ad hoc Maßnahme eine orale Metaphylaxe mit TMS drei Tage vor der Geburt bis zwei Tage nach der Geburt begonnen. Dadurch sank die Erkrankungsrate auf 40 %. Diese erkrankten Sauen wurden dann per Injektion mit TMS und einem fiebersenkendem Mittel behandelt. Die Sauen gesundeten in aller Regel innerhalb von 24 Stunden und die Anzahl der zurückbleibenden Ferkel wurde deutlich reduziert, waren aber immer noch vorhanden. 
Da MMA als eine sogenannte Faktorenerkrankung gilt, konnten die bisherigen Maßnahmen nur als Notfalltherapie ihre Berechtigung haben. In Ergänzung dazu mussten auch die anderen Faktoren einer kritischen Bewertung unterzogen werden. Eine Schlüsselrolle kommt in diesem Zusammenhang der Futter- und Wasserversorgung zu. 


Weitere Vorgehensweise
Die Tränkwasserversorgung erfolgte im Belegebereich über Trogfluter, im Wartebereich über Schalentränken und im Abferkelbereich über Sprühnippel. Hier liegt der Tagesbedarf bei 30 Liter Wasser im Winter und bis 40 Liter Wasser im Sommer. Bei einer Durchflussrate von einem Liter pro Minute- wie in diesem Stall- müsste die Sau täglich bis zu 40 Minuten den Nippel betätigen, was sich häufig nicht realisieren lässt. In diesem Fall wurde zunächst die Durchflussrate durch Austausch der Nippel auf zwei Liter pro Minute erhöht und die Sauen die ersten zwei Tage nach der Geburt mittels Schlauch von Hand über den Trog getränkt. Ganz entscheidend dabei ist das aktive Auftreiben der Sauen, um den Kot- und Harnabsatz zu stimulieren! 
Auf eine Untersuchung der Wasserqualität wurde hier verzichtet, da der Landwirt sich entschieden hatte, von der hofeigenen Brunnenversorgung auf öffentliche Wasserversorgung umzustellen. 

Auch die gesamte Futterversorgung wurde einer Prüfung unterzogen. Im Wartebereich wurden die Sauen mit einem 12,0 MJ Futter gefüttert. Bei einem durchschnittlichen Bedarf von 27 MJ pro Sau war die Ration mit 2,3 kg pro Sau und Tag zumindest einmal mengenmäßig in Ordnung. 
In der Laktaktion wurde ein 13,0 MJ Futter verwendet. Bei einem Bedarf in der Hochlaktation von bis zu 100 MJ pro Sau und Tag hätte die Futteraufnahme auf 7,8 kg pro Tag steigen müssen. Erreicht wurden aber durchschnittlich nur ca. 6,9 kg. 

Beim Übergang vom Tragendfutter auf das Laktaktionsfutter hatte der Landwirt bereits mehrere Konzepte getestet: 
1. Tragendfutter bis ein Tag nach dem Abferkeln füttern 
2. 2 kg Laktaktionsfutter ab Aufstallung in der Abferkelbucht bis einen Tag nach dem 
Abferkeln füttern 
3. Laktaktionsfutter drastisch reduziert (0,5 kg) 2 Tage vor bis einen Tag nach dem 
Abferkeln füttern 

Allein die dritte Variante erbrachte eine deutlich geringere MMA- Erkrankungsrate. Der Nachteil war aber eine ungenügende Milchversorgung der Ferkel nach der Geburt. 
Die Fütterungsstrategie wurde daraufhin komplett geändert: 

Im Wartebereich

- Einsatz eines Sattfutters (9 MJ), dadurch 3kg Futteraufnahme täglich 
- Gerstenmischung 
- Apfeltrester / Trockenschnitzel als neue Komponente, dadurch rohfaserreich und 
höheres Quellvermögen 
- Calcium 8 g je kg Futter, Ca: verd. Phosphor max. 3:1 

Abferkelung

- Einsatz eines Geburtsvorbereitungsfutters 
- Leinsaat, Förderung der Darmgesundheit durch Rohfaser und Schleim 
- Traubenzucker als schnell verwertbare Energie 
- Lysin für die schnelle Milchbildung 
- Vitamin E und Selen angereichert 

Laktaktion

- energiereiches Laktaktionsfutter (13,4 MJ) 
- Rohprotein begrenzt 16,5 %, Lysin 1,1 % 
- Fütterung beginnend 1,5 bis 2,0 kg am ersten Tag 
- tgl. Steigerung um 0,5 kg in der ersten Woche bis auf 6,5 kg 
- dann allmählich auf 8 - 9 kg, bzw. Sattfütterung steigern 
- täglich dreimaliges Füttern 


Weiterer Verlauf 
Nach Umstellung der Futterzusammensetzungen und Futtermengen in allen Bereichen ging die MMA- Häufigkeit auf unter 5% zurück. Als Folge konnte auf die generelle Metaphylaxe um den Abferkeltermin herum verzichtet werden. Es wurden nur noch Einzeltierbehandlungen nötig. 


Diskussion 
Der MMA- Komplex ist eine Faktorenerkrankung der Sauen nach der Geburt. Die dabei häufig nachgewiesenen Erreger sind in jedem Stall, auch bei gesunden Sauen, vorhanden. Das Zusammenwirken verschiedener endogener und exogener Faktoren, wie z.B. moderne fleischreiche Genetik, bewegungsarme Haltung, eingeschränkte neurohormonale Regelkapazität und energiereiche, rohfaserarme Ernährung können als Auslöser der Erkrankung entscheidend sein. Der Verlauf der fieberhaften Erkrankung ist häufig septikämisch und wird dann durch entstandene Toxine kompliziert. Deshalb sollte eine antibiotische Behandlung immer mit einem entzündungshemmenden, fiebersenkenden Mittel kombiniert werden. 

Von den genannten Einflussfaktoren lässt sich die Fütterung am schnellsten beeinflussen. Dass dies erfolgreich sein kann, zeigt der dargestellte Fall. 
Zwei Ziele wurden mit der neuen Fütterungsstrategie bei den tragenden Sauen verfolgt: Zunächst sollten die Sauen schon im Wartebereich an höhere Futtervolumina gewöhnt werden. Dies erzeugt zum einen ein höheres Sättigungsgefühl und somit mehr Ruhe in der Gruppe und die Sauen haben in der Laktation weniger Probleme, ihre angestrebte Ration aufzunehmen. 

Des weiteren wurde die Ration so gewählt, dass der Harn-pH Wert nicht in einen basischen Bereich fällt (pH über 7), in dem eine bakterielle Besiedlung der Harnwege wesentlich leichter möglich als im sauren Bereich. Problematisch sind in diesem Zusammenhang besonders der Eiweiß- und Calciumgehalt in der Ration. Deshalb sollte Calcium in der Ration bedarfsgerecht vorhanden sein und Eiweiß reduziert und über essentielle Aminosäuren, insbesondere Lysin, ausgeglichen werden. 

Der kritischste Bereich der Sauenfütterung ist besonders die Fütterung in der Zeit nach der Abferkelung. Einerseits werden hier die Weichen für die erfolgreiche Ferkelaufzucht gestellt und andererseits wird die gesamte Lebensleistung der Sau maßgebend beeinflußt. Dass eine Mangelernährung der Ferkel eine längere Ferkelaufzucht, höhere Verluste und mehr Ammenhaltung bedeutet, ist schnell ersichtlich. Untersuchungen zeigen, dass eine zusätzliche, tägliche Aufnahme von 1 kg Laktationsfutter bei 23 Tagen Säugezeit das Absetzgewicht um 0,5 kg/ Ferkel steigert. 
Der ökonomische Schaden in der weiteren Reproduktion zeigt sich oft erst später. Der Gewichtsverlust für die Sau sollte so gering wie möglich gehalten werden. Pro 10 kg Körpergewichtverlust reduziert sich die Wurfgröße im nachfolgenden Zyklus um 0,5 Ferkel. Hoher Gewichtsverlust der Sauen in der Laktaktion provoziert eine Verlängerung der Güstzeit. 

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