Fall des Monats Mai 2004
Akuter PRRS-Einbruch bei einem Ferkelerzeuger
Der Bestand
Es handelt sich um einen Sauenbetrieb mit ursprünglich 250 Sauen. Dieser Betrieb wurde zu Beginn des Jahres 2003 auf 400 Sauen aufgestockt. Es werden ausschließlich Sauen gehalten. Die Ferkel werden mit 3 Wochen als Babyferkel an einen Aufzuchtbetrieb abgegeben. Die Sauenherde läuft im 3 Wochenrhythmus.
Es werden folgende Bestandsimpfungen routinemäßig durchgeführt: Parvo/Rotlauf - Impfung der Sauenherde, die Ferkel werden im Alter von 3 Wochen gegen Mykoplasmen geimpft.
Vor ca. 6 Jahren gab es eine PRRS-Infektion mit nur sehr milden klinischen Symptomen. Der Bestand galt als PRRS-stabil, es wurden keine Impfungen gegen PRRS durchgeführt. Der Betrieb wurde regelmäßig serologisch auf PRRS kontrolliert. Dabei wurden keine oder nur vereinzelt niedrige Titer auf PRRS gefunden.
Erstes Auftreten von Problemen
Bei der Eingliederung der ersten Jungsauen traten lediglich bei Einzeltieren Symptome wie Husten oder Lahmheiten auf. Nach der Abferkelung wurde im Gegensatz zu den Altsauen eine höhere Rate an MMA (Mastitis-Metritis-Agalaktie = Gesäugeentzündung, Gebärmutterentzündung, Milchmangel) und Fressunlust beobachtet. Es handelte sich jedoch immer um Einzeltiere, die Leistungsparameter der Jungsauen waren trotz dieser Erkrankungen im Durchschnitt gut.
Im Oktober/November 2003 verschärften sich die oben beschriebenen Probleme der Jungsauen. Als Gegenmaßnahme wurden Schlachtsauen in den Quarantänestall der einzugliedernden Jungsauen verbracht, um eine Immunisierung der Jungsauen zu erreichen.
Anfang des Jahres 2004 kam es zu einem starken Anstieg der MMA auch bei den Altsauen. Im Wartestall wurde vermehrt Husten und Fieber beobachtet, auch Durchfall und Infektionen der Harnwege mit blutigem Urin traten auf. Einzeltiere verferkelten, der Anteil an Ferkelverlusten während der ersten Lebenswoche stieg dramatisch an.
Laboruntersuchungen
Ein Ferkel wurde zur Sektion gebracht. Es wurde eine Infektion mit E. coli-Bakterien festgestellt und in der virologischen Untersuchung konnte das PRRS-Virus nachgewiesen werden. Die Untersuchungen auf Influenza- und Circoviren, sowie auf Mykoplasmen verliefen negativ.
Weiterer Verlauf
Die Probleme der Sauenherde verschärften sich dahingehend, dass Alt- sowie auch Jungsauen vermehrt 2 bis 3 Tage zu früh abferkelten. Es kam zu größeren Verlusten durch Totgeburten, mumifizierten Ferkeln und Kümmerern.
Weitere Laboruntersuchungen
Von 30 Sauen wurden Anfang März 2004 Blutproben gezogen und zur Untersuchung auf PRRS in ein Labor gesandt. Bis auf 4 Proben waren die Ergebnisse positiv, mit PRRS-Titern von 1+ bis 6+.
Maßnahmen
Nach Feststellung der PRRS wurden die Jungsauen bereits im Quarantänestall mit Lebendimpfstoff gegen PRRS geimpft. Da es auch zu Problemen in der Ferkelaufzucht kam, werden die Ferkel vor Auslieferung ebenfalls mit Lebendimpfstoff geimpft. Seit Mitte März gibt es in der Abferkelung keine Probleme, der Bestand scheint eine stabile Immunität aufgebaut zu haben, die Leistungen haben wieder den hohen Stand von Anfang 2003 erreicht. Um diese Stabilität zu erhalten, wird der Bestand ab Mai regelmäßig gegen PRRS geimpft.
Fazit
Bemerkenswert bei diesem PRRS-Fall ist der Verlauf. Der Bestand galt als PRRS-stabil oder sogar als PRRS-frei, da über Jahre keine klinischen PRRS-Symptome zu sehen waren. Impfungen gegen PRRS wurden nicht durchgeführt. Der Betrieb produzierte über Jahre auf höchstem Niveau.
Vor der Aufstockung wurden dem Betrieb 4 mal jährlich Jungsauen zugeführt, die über ein getrenntes "Quarantäneabteil" eingegliedert wurden. Dieses Quarantäneabteil wurde im Rahmen der Aufstockung aufgegeben und in einen externen Stall verlegt. Als Erklärung für diesen Verlauf ist zu vermuten, dass der Betrieb erst durch die plötzliche überproportionale Einführung von nachweislich PRRS-freien Jungsauen aus dem immunologischen Gleichgewicht geraten ist.
Ebenso bemerkenswert sind auch die relativ schnelle Erholung und Wiederfindung dieses immunologischen Gleichgewichts. Dies ist in den Tatsachen gegründet, dass auf dem Betrieb allgemein ein gutes Hygienebewusstsein vorherrscht, keine Circovirusproblematik vorliegt, der Betrieb im 3-Wochenrhythmus bewirtschaftet wird und keine abgesetzten Ferkel im Betrieb sind. Insbesondere die letzten beiden Punkte sind wichtig, da sie dazu beitragen, Infektketten erst gar nicht entstehen zu lassen.