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Fall des Monats Mai 2009

Erfahrungen mit der PCV II- Impfung (Circoimpfung) in zwei Mastbetrieben 
Tierarzt Jens Jungbloot, Praxis für tierärztliche Bestandsbetreuung und Qualitätssicherung im Erzeugerbetrieb Schwein Dr. Reinhold Heggemann, 25782 Tellingstedt 

Erfahrungen mit der PCV II- Impfung (Circoimpfung) in zwei Mastbetrieben 


Betrieb 1 
Dieser moderne Mastbetrieb mit 2400 Mastplätzen stallt Läufer aus einem Ferkelerzeugerbetrieb abteilweise im Rein - Raus - Verfahren auf. 


Klinischer Verlauf 
In 2007 hatten die Läufer einen hohen Gesundheitsstatus. Sie waren frei von PRRS und Mycoplasma hyopneumoniae (EP). Der Betrieb war allerdings positiv auf Lawsonia intracellularis (PIA), deshalb wurden die Ferkel beim Sauenhalter geimpft. Die Mast war ohne jede Metaphylaxe oder Behandlung auf hohem Niveau möglich. 

Im zweiten Quartal 2008 traten die ersten Anzeichen einer PCV II - Klinik auf. Es wurden vermehrt Tiere mit PMWS (Postweaning Multisystemic Wasting Syndrom = Kümmern nach dem Absetzen) gesehen. Durchfälle durch Lawsonia intracellularis, zum Teil auch blutig, traten trotz Impfung wieder auf. 

PDNS (Porcines Dermatitis und Nephropathie Syndrom = Haut- und Nierenerkrankungen) wurde bei älteren Masttieren festgestellt.


Diagnostik
Zur Absicherung wurden von fünf Vormasttiere Blutproben zur Diagnostik geschickt und auf zwei Antikörperklassen des Circovirus untersucht:

Nummer

Bezeichnung

ElLISA Circo IGG

ELISA Circo IGM

1

Vormast

Positiv 1,077

Positiv 1,562

2

Vormast

Positiv 2,048

Positiv 1,333

3

Vormast

Positiv 1,436

Positiv 1,082

4

Vormast

Negativ 0,228

Negativ 0,167

5

Vormast

Negativ 0,201

Negativ 0,201

Auf Grund dieser Ergebnisse konnte die PCV II - Infektion auf etwa vier Wochen vor der Blutentnahme, also Ende Flatdeck / Anfang Mast festgelegt werden.

Untersuchte Kotproben (PCR) waren positiv auf PIA und Brachyspira innocens, einer nicht pathogenen Unterart der Brachyspiren. 


Maßnahmen
Um möglichst schnell geimpfte Masttiere zu bekommen, bestand eine erste Maßnahme darin, die Läufer bei Ankunft auf dem Mastbetrieb gegen PCV II zu impfen. Später konnte der Sauenhalter mit eingebunden werden und es wurden ad hoc die Flatdeckferkel bis hinunter zu den frisch abgesetzten geimpft. Seitdem wird die Impfung kontinuierlich am 14. Lebenstag bei den Saugferkeln durchgeführt.


Weiterer Verlauf
In der nachfolgenden Tabelle sind die Mastleistungen der einzelnen Lieferungen und im Durchschnittohne und mit Impfung dargestellt:

Status

Verluste

%

Krank

%

Zunahmen

g/Tag

Mastdauer

Tage

 

Durchgang

ø

Durchgang

ø

Durchgang

ø

Durchgang

ø

Ohne Impfung

 

2,39

 

3,02

 

768,5

 

114

1

3,8

1,3

790

111

2

3,8

6,3

759

98

3

1,3

6,3

789

109

4

3,3

2,5

811

117

5

2,5

2,5

742

118

6

2,5

1,3

811

113

7

3,3

2,5

747

116

8

1,7

1,7

733

123

9

1,7

0,8

746

120

10

0,0

5,0

757

117

         

Impfung

Vormast

 

3,07

 

1,03

 

788,5

 

115

11

0,8

0,8

732

124

12

3,8

0,0

829

108

13

8,8

0,8

851

110

14

2,5

1,3

773

115

15

0,8

2,5

760

118

16

1,7

0,8

786

119

         

Impfung

Flatdeck

 

2,13

 

2,93

 

763,3

 

115

17

3,8

2,5

751

116

18

1,3

3,8

777

114

19

1,3

2,5

762

116

         

Impfung

14. LT

 

0,77

 

1,26

 

831,1

 

110

20

0,0

0,0

754

117

21

0,8

2,5

746

121

22

0,0

0,0

822

114

23

2,5

1,7

775

120

24

0,8

0,8

957

95

25

0,0

0,0

928

98

26

1,3

3,8

836

105

Die Mastergebnisse der zu unterschiedlichen Zeitpunkten geimpften Tiere zeigen sehr deutlich eine Verbesserung, umso jünger die Tiere geimpft worden sind.


Betrieb 2
Der zweite Betrieb hat 1600 Mastplätze, hat einen langfristigen Ferkellieferanten und wird ebenfalls abteilweise Rein/Raus bestückt. Im Unterschied zum Betrieb 1 ist eine separate Vormast vorgeschaltet.


Klinischer Verlauf
Die Ferkel für diesen Betrieb waren gegen EP (Mycoplasma hyopneumoniae) geimpft. In der Vormast wurde eine Metaphylaxe gegen Oedemkrankheit mit Colistin durchgeführt. 

Im Mai 2008 wurden die ersten Anzeichen einer PCV II – Erkrankung festgestellt. Nach dem Umstallen von der Vormast in die Mast begannen die Tiere zu kümmern (PMWS), die Verlustrate stieg auf 5,8 Prozent. 
Später konnte auch bereits in der Vormast Circoklinik festgestellt werden und es wurden einzelne PDNS – Tiere gesehen. Husten war nicht feststellbar. Durchfall trat nur vereinzelt auf.


Diagnostik
Von den erkrankten Tieren wurden sechs Tiere in gleicher Weise wie oben beschrieben auf Circovirus untersucht:

Nummer

Bezeichnung

ELISA Circo IGG

ELISA Circo IGM

1

Mitte Vormast

Positiv 0,723

Negativ 0,140

2

Mitte Vormast

Positiv 1,284

Negativ 0,198

3

Mitte Vormast

Positiv 1,853

Negativ 0,137

4

Mitte Vormast

Positiv 1,404

Negativ 0,144

5

Mitte Vormast

Positiv 1,382

Negativ 0,200

6

Mitte Vormast

Positiv 0,603

Negativ 0,178

Somit war hier davon auszugehen, dass die Infektion schon vor 1-2 Monaten stattgefunden hat, also ca. Mitte Flatdeck in der 7./8. Lebenswoche.


Maßnahmen
In diesem Fall wurden die Ferkel kontinuierlich eine Woche vor dem Absetzen gegen PCV II geimpft. Aus Kostengründen wurde dafür aber die Mycoplasmen – Impfung eingestellt.


Weiterer Verlauf
Die Verluste sind in diesem Betrieb bei den geimpften Tieren auf unter einem Prozent zurückgegangen.

Die Tiere waren optisch ohne Auffälligkeiten. Die durchschnittliche tägliche Zunahme war aber weiterhin nicht zufriedenstellend. Sie betrug nur etwa 760 Gramm.

Im Herbst 2008 trat Husten vereinzelt auf. Dieser verfestigte sich immer mehr in der Mittelmast. Da die Tiere nicht mehr gegen Mycoplasmen geimpft waren, kam der Verdacht auf, dass möglicherweise Mycoplasmen ursächlich am Hustengeschehen beteiligt sein könnten. Daher wurden fünf Tiere auf Mycoplasma hyopneumoniae serologisch untersucht.

Bei vier von fünf Schweinen konnte eine Mycoplasmeninfektion nachgewiesen werden. Ein daraufhin durchgeführter Schlachthofcheck zeigte bei 86 % der Tiere deutliche Veränderungen an den Spitzenlappen der Lungen.
Daraufhin wurde die Mycoplasmen – Impfung bei den Ferkeln wieder eingeführt. Von diesen Masttieren wurde kürzlich die erste Partie der Schlachtung zugeführt. Sie erreichte eine tägliche Zunahme von 808 Gramm.













Lunge mit Spitzenlappenpneumonie
verursacht durch Mycoölasmahyopneumoniae



Diskussion
Circoviren schädigen direkt Schlüsselzellen des Immunsystems. Dadurch wird die Fähigkeit der Infektabwehr allgemein und gegen spezifische Erreger beeinträchtigt bzw. komplett zerstört. Dies ist letztendlich der Grund, warum banale Infektionen nicht mehr beherrschbar sind, aber möglicherweise auch Impfungen nicht mehr wirken.
Die Ausprägung der Erkrankung ist betriebsspezifisch je nach vorhandenem „Trigger". Die Auseinandersetzung des Tieres mit „Triggern" (z.B. andere Erreger, Überbelegung, Transport, etc.) und damit die Aktivierung der zellulären Abwehr führt zur PCV II – Infektion. Trotz unterschiedlicher Ausprägung von PCV II – assoziierten Erkrankungen ist in der Regel immer eine starke ökonomische Einbuße damit verbunden.

Seit anderthalb Jahren ist die direkte Impfung der Mastferkel möglich. Sie hat sich als sicher erwiesen, wichtig ist aber der richtige (frühe) Zeitpunkt der Impfung. Nach unseren Untersuchungen kann man davon ausgehen, dass in ca. 25% der Betriebe eine Infektion mit Circoviren bereits auf dem Flatdeck beginnt oder durchlaufen. Deshalb ist die Impfung als Saugferkel ab 2. Lebenswoche die sicherste Variante. Eventuell vorhandene maternale Antikörper stellen nach unserer Erfahrung kein Problem bei der Immunitätsausbildung der Ferkel dar.

Durch die Impfung gegen PCV II kann eine beträchtliche Leistungssteigerung erzielt werden, viele antibiotische Behandlungen entfallen, aber nicht alle prophylaktische Maßnahmen können dadurch ersetzt werden. Zum Beispiel ist die Impfung gegen die Enzootische Pneumonie (Mycoplasma hyopneumoniae) weiterhin in aller Regel notwendig. Erfahrungsgemäß dauert es nach Einstellung von Impfungen ca. ein ¾ bis 1 Jahr, bis die Probleme wieder klinisch eine Rolle spielen.

Zum Einsatz kam in beiden Betrieben der zur Zeit einzige für Ferkel zugelassene Impfstoff (Fa. Boehringer) gegen PCV II.

Die detaillierten Leistungsdaten mit den unterschiedlich geimpften Gruppen finden Sie hier!
 

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