Fall des Monats November 2004
Beanstandete Schlachttiere an einem Schlachthof
J. Jungbloot, Bahnhofstr. 69, 25782 Tellingstedt
Eines Morgens erreichte unsere Praxis ein aufgeregter Anruf eines Mästers. Von einer Schlachtpartie waren sechs Schweine wegen tuberkuloseähnlichen Veränderungen verworfen worden. Nun hatte die Befürchtung, dass in seinem Bestand die Tuberkulose vorhanden ist und zukünftig weitere Schweine bei der Schlachtung verworfen werden könnten.
Was steckt dahinter?
Bei der Fleischuntersuchung auf dem Schlachthof werden unter anderem auch Lymphknoten durch Anschneiden untersucht. Sind bei dieser Untersuchung käsig-verkalkte Herde in einem Lymphknoten nachweisbar, so kann dies ein Hinweis auf Mykobacterien/Tuberkulose sein. Aber auch andere Erreger, die man als atypische Mykobacterien/Mykobacteriose bezeichnet, weisen solche Veränderungen auf. Da der Untersuchende durch die Beschau nicht unterscheiden kann, ob eine Tuberkulose oder Mykobacteriose vorliegt, werden betroffene Tiere verworfen. Am häufigsten sind Lymphknoten des Verdauungskanals betroffen.
Mit welchen Arten der Tuberkulose muss man rechnen?
Die echte Schweinetuberkulose wird von den Erregern der Menschentuberkulose (Mykobacterium tuberkulosis) oder der Rindertuberkulose (Mykobacterium bovis) hervorgerufen. Beide Erreger sind eine direkte Gefahr für den Menschen und müssen deshalb konsequent bekämpft werden.
Offiziell gilt die Tuberkulose in Deutschland als ausgerottet, kann aber durch die internationale Verflechtung (Reiseverkehr, Tierverkehr) jederzeit einschleppt werden. Die Übertragung erfolgt direkt von Tier zu Tier oder Mensch zu Tier. In der Regel handelt es sich aber um eine atypische Mykobacterium - Infektion, hervorgerufen von Mykobacterium avium (Geflügel, Vögel), oder Mykobacterium intracellulare. Bei solchen Infektionen ist das Schwein Endwirt. Für den Menschen besteht keine Gefahr.
Wie gelangt der Erreger in den Bestand?
Atypische Mycobacterien sind weit verbreitet und werden in die Schweinebestände über Einstreu, Erde, kontaminierte Milch, Vogelkot, Hühnerkot oder unreinem Trinkwasser eingeschleppt und oral aufgenommen. Im Gegensatz zu den echten Tuberkuloseerregern sind sie lange in der Umwelt haltbar.
Im Stall selber schöpft man kaum Verdacht. Beide Formen, die Tuberkulose wie auch die Mycobacteriose verlaufen klinisch unauffällig. Das Problem, wird in der Regel erst auf dem Schlachthof erkannt und dann können schon ein Teil der Tiere betroffen sein. Die Unterscheidung, ob nun Tuberkulose oder Mycobacteriose vorliegt, kann nur in Speziallabors durch Anzüchtung der Erreger erfolgen. Für die Routinediagnostik auf dem Schlachthof ist dies nicht möglich und zu teuer.
Wie erkennt man den Befall?
Am lebenden Tier ist eine Untersuchung mit einem Tuberkulintest möglich. Es wird bovines (Rind) und aviäres (Geflügel) Tuberkulin an getrennten Stellen in die Haut gespritzt. Reagiert eine dieser Stellen nach 24 Stunden schmerzhaft - geschwollen, ist der Befund positiv. Der Tuberkulintest reagiert aber nur bei abgelaufen, noch persistierenden Infektionen. Das heißt, man sollte eine größere Gruppe testen um aussagekräftige Ergebnisse zu bekommen.
Fazit:
Eine Behandlung ist praktisch nicht möglich, sodass alle Bekämpfungsmaßnahmen darauf ausgerichtet sein müssen die Eintragsquellen zu erkennen und zu eliminieren.
In unserem Fall war der Eintrag über Einstreu von handelsüblicher Hobelspäne im Ferkelnest beim Sauenhalter erfolgt. Nach dem Ersetzen der Einstreu durch Gummimatten war das Problem behoben. Beim Mäster traten zwar immer noch vereinzelte Fälle auf, aber als dann die "einstreufreien" Tiere schlachtreif waren, gab es keine beanstandeten Tiere mehr.