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Fall des Monats November 2008

Und plötzlich lagen alle platt 
Karen Schugart in 14806 Belzig  

Der Bestand 
Diesen Monat stellen wir Ihnen einen Mastbestand mit 4800 Plätzen vor. Der Betrieb war neu erstellt und sollte zum ersten Mal mit zunächst zwei Partien a 400 Tieren belegt werden. Es handelte sich um Mycoplasmen und Circo geimpfte Tiere, die mit einem Gewicht von durchschnittlich 35 kg eingestallt wurden. 


Der Fall 
Bei dem telefonischen Erstkontakt berichtete der Landwirt, dass ca. 180 Mastläufer akut erkrankt seien; am heutigen Tag seien bereits 8 Tiere verendet und er bitte um einen sofortigen Besuch. Die Läufer waren am Montag der Vorwoche eingestallt und hätten bis Freitag/Samstag ganz normal gefressen. Am Sonntag wurde die Futteraufnahme rückläufig, um dann am Montag, insbesondere bei den jüngeren Tieren, komplett eingestellt zu werden.


Die Untersuchung 
Der sofort durchgeführte Bestandsbesuch ergab ein eindrucksvolles Bild: Die Tiere lagen vielfach in Haufen in den Buchtenecken, zeigten dabei aufgekrümmte Körperhaltung unter weittestgehender Vermeidung von Bewegung. Die Körpertemperaturen waren bis auf 41,5° C erhöht. Der Kotabsatz erfolgte unter deutlichen Schmerzäußerungen und zeigte eine wässrige bis dünnbreiige Konsistenz, zum Teil leicht blutig, jedoch ohne Schleimhautfetzen. Der Anal- und Oberschenkelbereich war bei vielen Tieren durch Verätzungen und weißlich bis silbergraue Verfärbungen gekennzeichnet. Vereinzelt konnten auch bläuliche Verfärbungen am Unterbauch, an den Hinterschenkeln und selten auch an den Ohren gesehen werden. 

  
(Wir bitten die verminderte Bildqualität zu entschuldigen!)

Die oben genannten Symptome traten in allen Abteilen zeitgleich auf; am ausgeprägtesten allerdings bei den kleinsten Ferkeln. Die Futterration war in allen Abteilen identisch. Nach intensiver Befragung und der Äußerung des Verdachtes auf eine Vergiftung über das Futter wurde die Zufütterung von Magnesiumoxid in einer Dosierung von 50 g pro Tier und Tag mitgeteilt. Dies sollte zur Beruhigung der Tiere eingesetzt werden. 

Um die daraufhin ausgesprochene Verdachtsdiagnose „Magnesiumintoxikation" zu verifizieren, wurden von sieben Tieren vor und nach Futterwechsel Blutproben entnommen, deren Ergebnisse Sie in der nachfolgenden Tabelle finden. 


Die Ergebnisse
Blutproben vor und nach Futterwechsel von 7 Tieren (In Klammern den jeweiligen Normalwert):

Nr.

Datum

Magnesium

mmol/l

(0,9-1,7)

Kreatininmmol/l

(40-130)

Ca

mmol/l

(2,4-3,0)

Na

mmol/l

(140-160)

K

mmol/l

(4,0-5,0)

Bemerkung

1

Vor / Nach

2,16 / 1,94

156 / 55

1,59 / 2,58

140 / 154

6,89 / 6,31

Hämolyse

2

Vor / Nach

2,64 / 1,87

122 / 70

2,05 / 2,56

148 / 154

7,32 / 7,06

 

3

Vor / Nach

3,51 / 1,46

144 / 62

1,78 / 2,67

137 / 150

6,96 / 8,45

Hämolyse

4

Vor / Nach

3,69 / 1,88

179 / 65

1,57 / 2,51

132 / 154

9,99 / 8,14

Hämolyse

5

Vor / Nach

1,78 / 1,59

119 / 66

2,02 / 2,38

144 / 153

7,31 / 7,01

Hämolyse

6

Vor / Nach

3,42 / 1,79

184 / 55

1,61 / 2,28

144 / 148

9,58 / 6,79

 

7

Vor / Nach

4,23 / 1,87

175 / 94

1,66 / 2,34

141 / 151

9,72 / 9,32

Hämolyse

Die größtenteils deutlich erhöhten Magnesiumwerte vor dem Futterwechsel bestätigen eindeutig die Magnesiumvergiftung. Kreatinin ist ein Produkt des Muskelstoffwechsels und wird im wesentlichen über die Niere ausgeschieden. Erhöhte oder hohe Konzentrationen im Blut dokumentieren in diesem Fall eine Eletrolytimbalance (siehe auch die Calcium- und Kaliumwerte), eventuell auch bedingt durch massive Gewebezerstörung und eine Ausscheidungsstörung der Niere (Nephropathie). Auffällig ist auch das gehäufte Auftreten von hämolytischen Blutproben (5 von 7). 


Weiteres Vorgehen 
Als Sofortmaßnahmen wurde das vorhandene Restfutter beseitigt und die Tiere unter reichlicher, zusätzlicher Wasserversorgung von Hand für 24 Stunden genüchtert. Die Tiere und der Kot in den Buchten wurden mit reichlich Wasser abgespült, um weitere Kontamination und Aufnahme von Magnesium zu unterbinden. Die Behandlung von Einzeltieren richtete sich auf die jeweiligen vorhandenen Sekundärschäden.


Weiterer Verlauf
   
Mit Entfernen des kontaminierten Futters und der Nüchterung der Tiere erholten sich diese erstaunlich schnell innerhalb von 5 Tagen. In dieser Zeit verendeten jedoch noch einige weitere Tiere. Die Futterkurve wurde langsam innerhalb von 5 Tagen wieder auf 100% gefahren. Auffällig waren noch steifer Gang bei ca. 30% der Tiere in den ersten 10 Tagen nach Futterwechsel, der dann nach 14 Tagen vollständig verschwunden war.   

  
Diskussion   
Intoxikationen über das Futter, insbesondere bei manueller Zugabe von Substanzen, kommen immer wieder vor. In der Literatur werden Magnesiumgehalte von 2 bis 10 mg/kg Futter als ausreichend angesehen. 50 mg Mg/kg Futter bewirken schon verminderte Futteraufnahme und Tageszunahmen. Bei Gehalten von 4 gr. Mg/ kg Futter ist die absolut toxische Grenze erreicht und Lahmheiten, sowie steifer, gespreizter Gang können die Folge sein.

Die in diesem Fall verabreichten 50 gr. Magnesiumoxid pro Tier liegen somit noch ca. 5-8 mal höher.

Bei der zusätzlichen Verabreichung von Ergänzungsfuttermitteln oder auch Medikamenten sollte immer auf die richtige Umrechnung von Gewichtseinheiten, Menge/kg Tier, Menge/kg Futter usw. geachtet werden. Im Zweifelsfalle sollte man sich Dosierungsempfehlungen von Drittpersonen schriftlich bestätigen lassen. 

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