Weltweite Schweinefleischproduktion - Eine Prognose
K. Thornton
Die Steigerung der Produktion von Schweinefleisch ist von einer Reihe von Faktoren abhängig:
- Liberalisierung des Handels nach den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO)
- Zugang zu Kapital
- gesteigertes Umweltbewusstsein
- Bewusstsein für artgerechte Haltung der Tiere
- Reduzierung des Medikamenten- / Antibiotika-Einsatzes, (inkl. neuer Verfahren der Krankheitskontrolle)
- Produktionskosten (einschließlich Futterkosten)
- Verfügbarkeit von Arbeitskräften
- Stabilität der Wirtschaft
- politische Stabilität
Unter diesen Gesichtspunkten wurden verschiedene, für die Schweineproduktion wichtige Regionen betrachtet:
Asien
Auf dem asiatischen Kontinent liegen 3 der führenden Schweinefleischproduzenten: China, Vietnam und Indien. China produziert allein über die Hälfte der Weltproduktion, wobei die dichte und wachsende Bevölkerung Chinas den größten Wachstumsmotor darstellt. Die Betriebe sind klein, es werden viele Schweine nur zum eigenen Verzehr gemästet. Den größten Exportmarkt stellte Hongkong dar, diese Stadt mit 6 Millionen Einwohnern wird zunehmend aus industrialisierten Betrieben mit Schweinefleisch versorgt. Den größten Anteil an der Landwirtschaft hat in China jedoch die Getreideproduktion. Da die Regierung aber fürchtet, dass Getreide könnte nicht mehr für die menschliche Ernährung reichen, wird das Schwein als schlechter "Getreideverwerter" in den Hintergrund gedrängt. Bei Geflügel oder Rinder kommt neben der besseren Ausnutzung des eingesetzten Getreides noch ein Zweitnutzen hinzu. (Milch, Eier)
Der Export ist durch das endemische Auftreten der Maul- und Klauenseuche in China auf Länder wie Japan oder Taiwan limitiert.
Die in Vietnam und Indien üblichen Kleinbetriebe sind mit der Versorgung der einheimischen Bevölkerung ausgelastet, ihre Exportaktivitäten fallen weltweit gesehen nicht ins Gewicht.
USA
In den USA wird Schweinefleisch hauptsächlich in großen Betrieben produziert, das Futter kann zu geringen Kosten im Land angebaut und verarbeitet werden. Ein Wachstum ist vom Verbraucherverhalten und dem Ausbau des Exports abhängig. Hierbei konkurrieren die USA mit exportabhängigen Ländern wie Dänemark oder die Niederlande, die mit einem hohen Produktionsstandard und guten Bedingungen für die Tiere argumentieren können.
Ein Wachstum in den USA ist vom sich veränderndem Umweltbewusstsein der Amerikaner abhängig. Die Ausweitung in den traditionellen Gebieten mit Schweinehaltung ist kaum mehr möglich, in anderen Gebieten sind strenge Umweltauflagen zum Schutz der Wasservorräte einzuhalten.
Die Schweineproduktion Nordamerikas hat gegenüber europäischen Produzenten einen enormen Vorteil, da die Futterkosten deutlich unter dem europäischen Niveau liegen. Vor allem in Großbritannien liegt der Preis für Futter höher als in den anderen EU-Ländern, die Niederlande und Dänemark haben die günstigsten Futterpreise der EU. Im Vergleich: die durchschnittlichen Kosten pro kg Schlachtgewicht liegen in den USA bei 75 Pence, (die effizientesten Betriebe kommen auf 62 Pence), in den Niederlanden liegen diese Kosten bei durchschnittlich 82 Pence.
Kanada
Die Produktivität und Situation ist mit der in den USA vergleichbar.
Europa
In der EU wird generell mehr Schweinefleisch produziert, als verbraucht wird. Der innergemeinschaftliche Handel nimmt eine bedeutende Stellung ein, wobei Dänemark, die Niederlande, Belgien und Luxemburg die größten Exporteure sind. Im Vergleich zu den USA sind die Betriebe relativ klein und kostenintensiv. Deutschland nimmt die führende Rolle in der Schweinefleischproduktion ein, aber auch Spanien besitzt ein großes Wachstumspotential. In den Niederlanden und in Großbritannien findet derzeit ein Abbau der Zuchtherden statt.
Wie bereits erwähnt, zählt Großbritannien zu den Produzenten mit den höchsten Kosten. Daneben ist der Kurs des englischen Pfund sehr hoch (was Importe günstig macht) und die Kosten für erhöhte Auflagen bei Stallbau und Haltung sind gestiegen. Das hat dazu geführt, dass die britische Schweineindustrie kurz vor dem Kollaps steht.
Durch den hohen Selbstversorgungsgrad sind die EU-Länder vom Exportmarkt abhängig. Kleinste Schwankungen wirken sich direkt auf die Preise aus. Für die Zukunft ist der Abbau von Export-Beihilfen geplant, um den Forderungen der Welthandelsorganisation zu entsprechen. Der Trend für die nächsten Jahre sieht nicht besonders vielversprechend aus.
In den Ländern der EU findet eine Vielzahl von Bestrebungen statt, die Schweineproduktion umweltgerechter zu gestalten. Einige Staaten haben förmlich eine "grüne Phase", vielfach wird großer Wert auf das Wohlbefinden der Tiere und die Vermeidung von antibiotischen Futterzusätzen gelegt. Die Durchführung der Agenda 2000, welche die Eingliederung von osteuropäischen Ländern in die EU regelt, verursacht weitere Kosten.
Ein Wachstum ist in Spanien zu verzeichnen, wo Schweine zu relativ geringen Kosten produziert werden können. Aufgrund der guten klimatischen Bedingungen und genügend zur Verfügung stehender Flächen entstehen große Betriebe, die nach dem Multi-Site-System arbeiten.
Osteuropa
Von den Ländern Osteuropas nimmt Polen eine Vorreiterstellung ein. Noch unter kommunistischem Regime waren viele Betriebe in privater Hand, daneben bestanden große, staatliche Anlagen. Eine strukturelle Re-Organisation ist vonnöten, um mit den EU-Mitgliedsstaaten konkurrieren zu können. Traditionell hat die Schweinefleischproduktion in Polen eine große Bedeutung.
Rumänien besaß zu Zeiten des Eisernen Vorhanges die größte Bedeutung bei der Schweinefleischproduktion in Osteuropa. Seit 1989 verhindern politische und wirtschaftliche Probleme ein Wachstum der auf einen Bruchteil geschrumpften Produktion, es wurde im Gegensatz zu Polen versäumt, attraktive Programme für Investoren zu erstellen.
Brasilien
Brasilien ist ein sehr wichtiger Schweinefleischproduzent, im Vergleich zu den USA jedoch weniger effizient. Das Schweinefleisch ist weitestgehend für den eigenen Markt bestimmt, da der Export durch das endemische Auftreten von Maul-und-Klauenseuche und klassischer Schweinepest eingeschränkt ist. Der Pro-Kopf-Verbrauch von Schweinefleisch in Brasilien beträgt lediglich 9,5 kg, was ebenfalls eine ungünstige Voraussetzung für den Export ist. (Im Vergleich dazu hat Dänemark einen so hohen Pro-Kopf-Verbrauch, dass die nicht für den Export geeigneten Teilstücke im Inland vermarktet werden können.)
Ein weiterer potentieller Wachstumskandidat
Ein Land mit allen Voraussetzungen, ein weltweit bedeutender Schweinefleischproduzent zu werden, ist Australien. Die klimatischen Bedingungen zum Anbau von Weizen, Sonnenblumen und Lupinen sind günstig, ebenso wie die Lage zu den asiatischen Märkten. Durch strikte Quarantänemaßnahmen kontrolliert Australien den Gesundheitsstatus der Schweine sehr wirkungsvoll.
Die Fleischproduktion einiger Regionen, Veränderungen von 1994 - 1999 in %
Weitere Faktoren
Schweinefleisch ist das meistverkaufte Fleisch der Welt mit einer Produktion von 84 Millionen Tonnen pro Jahr, gefolgt von Geflügel mit jährlich 51 Millionen Tonnen. 1998 lag der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch bei 13,8 kg Schweinefleisch und 9,9 kg Geflügelfleisch pro Jahr. Die jüngsten Wachstumsraten liegen bei Geflügel bei 2 - 3% jährlich, für Schweinefleisch bei 2 - 12%.
Schlussbemerkungen
Die Schlüsselstellung für das Wachstum der Schweinefleischproduktion wird vom Bevölkerungswachstum und vom Pro-Kopf-Verbrauch abhängig sein. Diesen beiden Faktoren wird ein deutliches Wachstum für die nächsten Jahre vorhergesagt.
Durch den weltweit stattfindenden Technologie-Transfer wird sich die Effizienz der Schweineproduktion mehr und mehr angleichen. Der ausschlaggebende Kostenfaktor werden die Futterkosten bleiben.
Weiterentwicklungen und Verbesserungen werden auf den Gebieten des Umweltschutzes, des Wohlergehens der Tiere, der Fleischqualität, der Lebensmittelsicherheit und der Hygiene geschehen. Der Herkunftsnachweis wird auch in der Schweineproduktion eine zentrale Rolle spielen. Die Kontrolle und Prophylaxe von Infektionskrankheiten bleibt weltweit ein entscheidender Faktor für die Wahl von neuen Standorten.
In Europa wird Spanien der Standort mit dem größten Wachstum sein. In Dänemark hat sich die Zahl der Tiere zwar eingependelt, das Land wird durch die Abhängigkeit vom Export aber ein ernstzunehmender Konkurrent auf dem Weltmarkt bleiben. Nordamerika wird weiterhin die führende Rolle im Sektor Schweinefleisch behalten, führend sind hier die USA, dicht gefolgt von Kanada.
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