Bedeutung und Bekämpfung von PRRS-Virusinfektionen
Dr. Otto Egbering, Kalksbecker Weg 122, 48653 Coesfeld
Was passiert bei einer PRRS-Virusinfektion?
PRRS ist die Abkürzung von Porcine Respiratory and Reproductive Syndrome. Das ist die englische Beschreibung des Krankheitskomplexes und bedeutet im deutschen Sprachgebrauch, dass es sich um eine Krankheit bei Schweinen handelt, die sich sowohl im Atemwegsbereich, als auch im Fortpflanzungsbereich abspielt.
Das PRRS-Virus ist ein RNA-Virus aus der Gruppe der Arterieviren. Es besitzt die Fähigkeit die Abwehrzellen in der Lunge (Lungenmakrophagen) zu schädigen. Wenn diese Makrophagen fehlen, bzw. wenn sie geschädigt sind, können sich andere Krankheitserreger, die mit der Atemluft aufgenommen werden (z.B. Influenza, Pasteurellen, APP, Mykoplasmen) ungehindert in der Lunge ausbreiten.
Im reproduktiven Bereich äußert sich die Erkrankung durch Aborte rund um den normalen Abferkeltermin. Es kann vermehrt zur Geburt von toten oder lebensschwachen Ferkeln kommen. Häufig steigt auch im Anschluss an eine Infektionswelle die Umrauschquote bei den Sauen.
zwei tot geborene Ferkel, wie sie für eine PRRS-Virusinfektion typisch sind
Wie erkennt man eine PRRS-Virusinfektion?
Der Nachweis dieser Erkrankung stützt sich auf die Erkennung der klinischen Symptome und eine gezielte Labordiagnostik. Zu den sichtbaren Symptomen zählen:
- Vermehrtes Auftreten von tot und lebensschwach geborenen Ferkeln.
- Vermehrtes Umrauschen.
- Typisch hoch gewölbte Stirn bei PRRS-infizierten Ferkeln. Diese Ferkel sind meist deutlich kleiner als die Wurfgeschwister.
- Geschwollene, rote Augenlider bei Mastferkeln.
- Blau-rot verfärbte Ohren bei Mastferkeln.
- Verringerte Tageszunahmen, schlechte Futterverwertung und deutliches Auseinanderwachsen gleichalter Tiergruppen.
Diese Beobachtungen und eine gezielte Untersuchung von Blutproben auf Antikörper gegen das PRRS-Virus (Herdenscreening) geben genaue Auskunft darüber, wann und wo das PRRS-Feldvirus im Sauenbestand zirkuliert.
kleines, untergewichtiges Ferkel mit hoher Stirn
Wie kann man eine PRRS-Virusinfektion bekämpfen?
Um eine PRRS-Virusinfektion wirksam bekämpfen zu können, muss man sehr genau wissen, wie die Infektion im Stall abläuft (siehe Bild oben). Dies ist sehr wichtig für die Bekämpfungsstrategie. Das unten aufgeführte Schema zeigt, dass die Tiere nach einer Infektion (blaue Kurve) deutlich mit der Bildung von Antikörpern reagieren. Diese werden jedoch nach einiger Zeit wieder abgebaut. Diesem Prinzip folgend, kann man durch gezielte Impfmaßnahmen in der gesamten Zuchtsauenherde die Abwehrbereitschaft gegenüber einer PRRS-Virusinfektion so stimulieren, dass es zu einem dauerhaften Schutz vor dieser Erkrankung kommt.
Wichtige Kriterien, die bei einer Herdenimpfung unbedingt beachtet werden müssen, damit der Erfolg des Impfprogramms nicht ausbleibt.
1) Genaue Diagnostik
2) Es muss herausgefunden werden, welche Erreger an dem Krankheitsgeschehen zusätzlich beteiligt sind.
3) In dem Fall, dass andere Erreger mit beteiligt sind, sollten diese zuerst bekämpft werden.
4) Es muss genau analysiert werden, wie das Virus in dem Bestand weiterverbreitet wird. (siehe Schema oben)
5) Eine Reinfektion der Sauen durch immer wieder neu infizierte Flatdeckferkel muss ausgeschlossen werden!
6) Falls sich neu infizierte Absatzferkel in der Nähe der Sauen befinden, müssen diese in die Impfmaßnahme mit einbezogen werden.
7) Nach einer Infektionswelle mit der Impfmaßnahme beginnen. (d.h. in der guten Phase beginnen)
8) Unbedingt eine Grundimmunisierung der Sauen durchführen. (zwei Impfungen im Abstand 4 bis 6 Wochen)
9) Der Zeitabstand zwischen den Wiederholungsimpfungen sollte individuell angepasst werden. (in d. R. beträgt er 4 Monate)
Antikörperbildung nach Infektion mit PRRS-Viren
Effekte einer PRRS-Impfung in einer Sauenherde mit 2500 Sauen
Impfstoff Ingelvac PRRS MLV der Fa. Boehringer Ingelheim
In diesem Abschnitt möchte ich Ihnen die Effekte einer herdenbezogenen Impfmaßnahme gegen die PRRS-Virusinfektion in einer Sauenherde mit 2500 Sauen schildern.
Die Herde wird arbeitsteilig auf 21 Höfen gehalten (System 21 der VVG-Lüdinghausen). Hiervon sind einige reine Deckbetriebe, andere sind reine Wartebetriebe (hier stehen nur niedertragende Sauen) und wiederum andere Höfe sind reine Abferkelbetriebe. Es gibt auch Kombinationen dieser Haltungsarten.
Im November 1999 wurde nach umfangreicher Diagnostik die erste herdenbezogene Impfung gegen das PRRS-Virus mit dem Impfstoff Ingelvac-PRRS durchgeführt. Die zweite Herdenimpfung erfolgte im Januar 2000. Hiermit war die Grundimmunisierung abgeschlossen. Die Wiederholungsimpfungen fanden im März 2000 und Juni 2000 statt.
Schon nach der Grundimmunisierung zeigte sich, dass die Umrauschquote sowohl bei den Altsauen als auch bei den Jungsauen kleiner wurde.
Der Systemleiter teilte mir mit, dass auf allen Deckbetrieben die Tiere wieder wie in der Zeit vor der PRRS-Virusinfektion sehr pünktlich und berechenbar in die Rausche kämen. Vor der Impfung klagten die Inhaber der Deckbetriebe darüber, dass das Rauscheverhalten ihrer Sauen unberechenbar geworden sei. Einige Tiere kämen sehr früh in die Rausche, andere rauschten dagegen sehr lang und wiederum andere zeigten kaum Rauschesymptome. Bei von mir durchgeführten Scanneruntersuchungen zur Optimierung des Besamungszeitpunktes zeigte sich das gleiche Bild. An den Eierstöcken der Sauen ließen sich trotz gleichen Absetzzeitpunktes die unterschiedlichsten Befunde erheben. Bei einigen Tieren waren die Eifollikel noch in Anbildung und bei anderen waren sie schon groß und kurz vor dem Eisprung.
In den Abferkelbetrieben wurde nach der 2. Impfung der Anteil der lebensschwach geborenen Ferkel deutlich weniger. Dies spiegelt sich in einer hohen Zahl an abgesetzten Ferkeln je Wurf wieder. (siehe Tabelle / letzte Spalte)
Effekte einer PRRS-Impfung in einer Sauenherde mit 130 Sauen
In der Zeit vor der Herdenimmunisierung gegen das PRRS-Virus wurden in diesem Betrieb zu viel lebensschwache und zu viel tote (ausgewachsene) Ferkel pro Wurf geboren. Außerdem war die Umrauschquote zu hoch.
Bei den Voruntersuchungen stellte sich heraus, dass an dem Krankheitsgeschehen zwei Erreger beteiligt waren. Zum einen lag eine Infektion der Genitalorgane mit Chlamydien vor und zum anderen eine Infektion mit PRRS-Viren. Nachdem das Chlamydienproblem beseitigt war, haben wir mit der Herdenimmunisierung gegen die PRRS-Viren begonnen (siehe oben in der Tabelle).
Ähnlich wie in den anderen Betrieben konnte man die Wirkung der Impfung am besseren Rauscheverhalten der Sauen bemerken. Die Umrauschquote senkte sich dauerhaft auf einen Spitzenwert von etwas über 7% (siehe Tabelle). Die Zahl der tot geborenen Ferkel senkte sich erst später.
Effekte einer PRRS-Impfung in einer Sauenherde mit 135 Sauen
Dieser Betrieb hatte vor der Impfmaßnahme ein Riesenproblem mit umrauschenden Sauen (siehe oben in der Tabelle).
Hier konnte die Umrauschquote durch die PRRS-Impfung auf ein normales Maß zurückgeführt werden.
Fazit
Wenn man nach gründlicher Voruntersuchung weiß, wie sich das PRRS-Virus in der Sauenherde verbreitet und keine anderen Erreger an diesem Krankheitsbild beteiligt sind, kann man durch eine gut geplante Herdenimmunisierung gegen die PRRS-Viren den Erfolg der Impfung sehr bald an den gesteigerten Leistungsdaten erkennen.
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