Header-Grafik

Fütterung der modernen Sau (Zusammenfassung)

Dr. W. Close 

Einer der größten Fortschritte der Schweineproduktion in den letzten 30 Jahre ist die deutliche Verbesserung der Sauenproduktivität. Dies wurde in erster Linie durch Genetik, Management und verbessertem Gesundheitsstatus der Zuchtherden erreicht. Auch Fütterung spielt hier eine Kardinalrolle. Das gewachsene Wissen über die metabolischen Interaktionen in der Sau ermöglicht eine präzisere Definition der Anforderungen an die Futtermittel und ihrer Wirkungen.
Die Hauptfragen sind: „Welche Einflussfaktoren gibt es?“ und „Was muss bei der Entwicklung von Futtermitteln und Fütterungskonzepten beachtet werden, um den Bedarf der modernen, leistungsstarken Sau während aller Haltungsstadien zu decken?“ Eine falsche Fütterungsstrategie zu irgendeinem Zeitpunkt des Reproduktionszyklus kann die Leistung der Tiere in allen anderen Stadien beeinträchtigen.
Obwohl alle Inhaltsstoffe ihre Bedeutung haben, konzentriert sich dieser Artikel auf die Anforderungen an Energie und Aminosäuren. Dies sind die wichtigsten Inhaltsstoffe, die einen großen Einfluss auf die Produktivität der Sauen haben.


Die Remontierungssau
Die Remontierungssau repräsentiert das Zukunftspotential jeder Zuchtherde. Es ist bekannt, dass die Sau nicht ihr genetisches Potential ausnutzen kann, wenn sie zum Zeitpunkt der ersten Anpaarung nicht ausreichend entwickelt ist.
Sie sollte zum Zeitpunkt der ersten Anpaarung ein bestimmtes Alter (220-230 Tage), ein ausreichendes Gewicht (130-140 kg) mit entsprechenden Körperreserven und entsprechender Kondition (18-20 mm Rückenspeckdicke) und eine ausreichende sexuelle Reife (2. oder 3. Östrus) erreicht haben.
Die Erfüllung dieser Anforderungen befähigt die Jungsau, während der ersten und folgenden Trächtigkeiten große Würfe zu produzieren und eine hohe Lebensleistung zu erreichen.
Es wird eine spezielle Aufzuchtfütterung empfohlen (13,0 MJ ME und 6,5-8,0 g Lysin/kg, abhängig vom Selektionsalter). Dies sollte vor der Anpaarung und 3-4 Wochen danach gefüttert werden. Eine Überfütterung der Jungsau im frühen Trächtigkeitsstadium hat negative Auswirkungen auf die Zahl der sich einnistenden befruchteten Eizellen (Implantationsrate), auf die Überlebenskraft der Embryos und damit auf die Wurfgröße.

Trächtigkeit
Während der Trächtigkeit muss entsprechendes Futter von guter Qualität verabreicht werden, um bestimmte Gewichtszunahmen, eine Erhöhung der Rückenspeckdicke und eine entsprechende Kondition zu erreichen. Während der Trächtigkeit ändern sich die Anforderungen an das Futter (Tabelle 1).

Tabelle 1

Gewicht bei Bedeckung (kg) Gewichtszuwachs* (kg) Energie (MJ ME/Tag) Lysin (g/Tag) Ration (kg/Tag)
120 40 28,3 14,7 2,3
160 30 30,0 13,0 2,4
200 20 31,0 11,0 2,5
240 15 32,6 10,2 2,6
280 10 34,6 9,40 2,8
* = ohne Milchdrüse und Gebärmutter, Futter enthält 12.5 MJ ME/kg


Sie steigen mit zunehmender Trächtigkeitsdauer an, vor allem im letzten Drittel der Trächtigkeit, wenn der Nährstoffbedarf für die schnellwachsenden Feten groß ist. In dieser Periode muss die Futteraufnahme erhöht werden. Dies sichert dann das fetale Wachstum, hält die Sau in einer guten Kondition und unterstützt die Entwicklung des Gesäuges, eine Hauptvoraussetzung für eine ausreichende Kolostrum- und Milchproduktion.


Säugezeit
Während der Laktation ist es das Ziel, mindestens 10 Ferkel am 21. Tag mit einem Wurfgewicht von 70 kg abzusetzen. Dabei sollte die Sau nur geringe Verluste bei der Körperkondition und dem Gewicht aufweisen.
Die Säugezeit ist die vielleicht sensibelste Phase im Leben einer Sau. Die hier angewendeten Fütterungsstrategien beeinflussen sowohl das Wachstum und die Entwicklung der Ferkel bis hin zur Schlachtung als auch das folgende Fortpflanzungspotential der Sau und ihre Lebensleistung. Es ist also notwendig, den Nährstoffbedarf der Sauen während der Säugezeit genau zu kennen.
Energie- und Lysinbedarf bei verschiedenen Körpergewichten und Leistungen sind in Tabelle 2 aufgeführt:

Tabelle 2
Gewicht nach Abferkelung (kg) Energie (MJ ME/Tag) Lysin (g/Tag) Ration (kg/Tag)
10 Ferkel 12 Ferkel 10 Ferkel 12 Ferkel 10 Ferkel 12 Ferkel
150 78,8 90,3 49,0 58,0 5,9 6,7
200 83,5 95,2 50,0 59,0 6,2 7,1
250 88,0 99,7 51,0 60,0 6,5 7,4
300 92,5 104,2 52,0 61,5 6,9 7,7
Futter enthält 13,5 MJ ME/kg


Diese Werte sind Durchschnittswerte. Sie tragen der Änderung des Bedarfes während der Laktation keineRechnung. Es muss beachtet werden, dass die Milchleistung während der Laktation steigt. So muss die Futteraufnahme schrittweise um 0,5 kg/Tag erhöht werden, am Tag 1 von 2,0-2,5 kg/Tag bis zu 4,5-5,5 kg am Tag 7 der Laktation, danach soll die Sau ad libitum gefüttert werden.

Häufig ist es notwendig mehrmals am Tag zu füttern. Besonders zum Ende der Laktation hin kann die Sau mit nur zweimaliger Fütterung pro Tag nicht genügend Nährstoffe aufnehmen, um ihren Bedarf zu decken. Genauso wichtig ist es aber auch, in der frühen Phase der Laktation nicht zuviel Futter zu verabreichen. Dies könnte die freiwillige Futteraufnahme in der späten Laktation, dem Zeitpunkt des höchsten Bedarfs einschränken und das Auftreten von MMA begünstigen.

Die Hauptursache für mangelnden Appetit während der Laktation ist das Fehlen von Wasser, d. h., Wasser muss immer in ausreichendem Maße vorhanden sein. Werden Nippeltränken verwendet, muss die Durchflussgeschwindigkeit mindestens 2 Liter pro Minute erreichen! Große Sauen, die große Würfe säugen, brauchen 40-50 l/Tag, besonders bei warmen Umgebungstemperaturen. Mangel an Wasser schränkt sowohl die Futteraufnahme als auch die Milchleistung ein.


Güstzeit
Vom Absetzen bis zum Wiederbelegen sollte die Sau mit Laktationsfutter satt gefüttert werden.

Ziel sollte es sein, die Sau 5 - 7 Tage nach dem Absetzen wiederzubelegen. In vielen Betrieben wird dieses Ziel nicht erreicht und die Zahl der sogenannten Leertage kann sehr hoch sein. Das hat einen immensen Einfluss auf die Produktivität der Sau und ist sowohl teuer als auch uneffizient.


Fütterungsstrategien und Futtermittel
Das Zusammenstellen einer Fütterungs- und Managementstrategie erfordert eine genaue Kenntnis über den Nährstoffbedarf während der jeweiligen Abschnitte des Reproduktionszyklus. Mit diesem Wissen können Futtermittel zusammengestellt und Fütterungsstrategien eingeführt werden, die den individuellen Bedürfnissen je nach Produktionsstadium Rechnung tragen. 

Das ist besonders für die moderne, schnellwachsende Sau bedeutsam. Das Ziel muss sein, ihre Körperkondition über den gesamten Reproduktionszeitraum zu erhalten.
Bei Jungsauen sind die spezifischen Anforderungen an die Ernährung besonders zu beachten. Nur so sind große Würfe nach der ersten und den folgenden Trächtigkeiten zu erwarten. Ein spezielles Aufzuchtfutter für Jungsauen wird empfohlen.

Während der Trächtigkeit muss dem Gewicht und der Kondition der Jungsau, sowie den Haltungs- und Produktionsbedingungen Rechnung getragen werden. Rohfaserhaltige Futtermittel sollten verwendet werden, damit die Jungsauen sattgefüttert werden können. Dies verbessert das Wohlbefinden und entspricht den Anforderungen der Verhaltensmuster. In der Laktation sollte das Ziel in der Maximierung der Futteraufnahme bestehen. Nur so kann man das beträchtliche Milchleistungspotential ausnutzen, ohne die Körperreserven anzugreifen. In diesem Zusammenhang dürfen die Umgebungstemperaturen in den Abferkelställen nicht zu hoch sein und ein ausreichendes Wasserangebot muss zur Verfügung stehen. Nach dem Absetzen muss eine hohe Aufnahme des Laktationsfutters weiterhin gewährleistet werden, um einen schnellen Östrus und einen großen Folgewurf zu erreichen.

Eine Reduzierung der nicht produktiven Leertage bedeutet mehr Würfe je Sau und Jahr.
Eine 3-Phasen-Fütterungsstrategie entspricht den sich verändernden Ernährungs- und Stoffwechselbedürfnissen der modernen schnellwachsenden Sau am besten und sichert eine optimale Produktivität der Sau und ihrer Nachkommen. 

Tabelle 3
Zusammensetzung der Aminosäuren
bei idealer Proteinfütterung
(Lysin = 100)
  Trächtigkeit Säugezeit
Lysin 100 100
Threonin 70 60
Methionin 28 28
Methionin + Cystin 55 55
Valin 78 78
Isoleucin 70 58
Phenylalanin 55 55
Phenylalanin + Cystin 100 120
Tryptophan 20 70
Histidin 33 35


Tabelle 3 zeigt die Zusammenstellung der essentiellen Aminosäuren im Vergleich zum Lysingehalt für eine „ideale“ Proteinfütterung. Abbildung 1 verdeutlicht eine einfache Fütterungsstrategie, die am besten den Anforderungen der Sau in allen Produktionsstadien in der ersten Trächtigkeit entspricht. Für jede folgende Trächtigkeit müssen 0,2 kg pro Tag mehr gefüttert werden, abhängig von der jeweiligen Körperkondition.



Zusammenfassung
Um eine hohe Produktivität der modernen Sau zu erreichen, ist es notwendig, dass ihr Nährstoffbedarf jederzeit so gut wie möglich gedeckt wird. Das bedeutet mehr, als nur das richtige Futtermittel zu verwenden. Dazu gehört auch die Entwicklung einer konkreten Fütterungsstrategie und deren Anwendung auf dem Betrieb. Der Wasserversorgung, insbesondere in der Laktation, ist dabei größte Aufmerksamkeit zu widmen.

Fehler beeinflussen nicht nur die kurzfristigen Leistungen. Sie haben Auswirkungen auf die Lebensleistung der Sau und verhindern, dass sie ihr genetisches Reproduktionspotential ausnutzen kann.

zurück zur Übersicht