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Der Einsatz von Desinfektionsmitteln unter Berücksichtigung von rechtlichen Vorgaben

Dr. Eike Roth, Neustadt 

Die fachgerechte Desinfektion und der richtige Einsatz der Mittel ist für den Erfolg der Desinfektionsmaßnahme entscheidend. Darüber hinaus sind verschiedene rechtliche Vorgaben zu berücksichtigen, die der Veterinär, die Berater und Landwirte wissen müssen.

In der Richtlinie des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten über Mittel und Verfahren für die Durchführung der Desinfektion bei anzeigepflichtigen Tierseuchen, 331/332-3602- 19/1-Stand Februar 1997, ist der Einsatz der Desinfektionsmittel genau geregelt. Allerdings sind hier einige wichtige Punkte zu beachten, um den Einsatz der Mittel rechtlich abzusichern. An zwei Krankheitsbeispielen sollen die Unterschiede aufgezeigt werden.

a) Schweinepest
Geeignete Flächendesinfektionsmittel: 

  • Natronlauge 
  • Formalin (35 – 37 % Formaldehyd) 
  • Peressigsäure (15 % Peressigsäure) 
  • Ameisensäure 
  • Handelsdesinfektionsmittel
    (nach Abschnitt V 2.3; behüllte Viren)


b) Maul- und Klauenseuche (MKS)
Geeignete Flächendesinfektionsmittel:
  • Natronlauge 
  • Formalin (35 – 37 % Formaldehyd) 
  • Peressigsäure ( 15 % Peressigsäure) 
  • Ameisensäure 
  • Handelsdesinfektionsmittel 
    (nach Abschnitt V 2.3; unbehüllte Viren)


Bei den Handels-Desinfektionsmitteln wird bei der Schweinepest auf die behüllten, bei der MKS auf die unbehüllten Viren hingewiesen.

Aus den Beispielen ist ersichtlich, dass grundsätzlich für die Desinfektion Handelspräparate oder Rohstoffe eingesetzt werden können.

Für die Handelspräparate sind nur Mittel einzusetzen, die nach den Richtlinien der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft (DVG) geprüft und gelistet sind. Eine alleinige Prüfung OHNE Listung ist bei der Auswahl nicht ausreichend, da bei diesen Mitteln der Wirksamkeits-Nachweis nicht gegeben ist.

Für Handelspräparate besteht seitens der Hersteller eine Produkthaftpflichtversicherung hinsichtlich Korrosion, Umweltschutz u.a. Der Hersteller haftet für die Anwendungsbereiche, die durch die Auslobung abgedeckt werden oder durch schriftliche Stellungnahmen ausdrücklich empfohlen werden.

Für die Rohstoffe bestehen andere Bedingungen. Rohstoffe werden vom Hersteller nicht als Desinfektionsmittel empfohlen. Demzufolge übernimmt der Hersteller auch keinerlei Produkthaftung. Von den Rohstoffen wie z. B. Ameisensäure, Peressigsäure, Natronlauge u.a. sind die korrosiven Eigenschaften hinlänglich bekannt.

Werden durch weisungsbefugte Stellen oder Personen (Landratsamt, Kreisveterinär, Hoftierarzt u.a.) solche Rohstoffe direkt empfohlen oder angewiesen, erfolgt eine Indikation und damit auch eine Produkthaftung durch die anweisende Stelle oder Person. Welche Folgen hieraus abgeleitet werden können, kann sich jeder selber vorstellen.


Somit bleibt als Resümee: Nur bei DVG-gelisteten Handelspräparaten besteht eine Produkthaftung und die Legitimation durch die Richtlinie, was unliebsame Diskussionen mit der Versicherung im Schadensfalle verhindert. Dies trifft auch für den Schadensfall bei einem möglichen Tierseuchenausbruch zu.

Bei Handelspräparaten und Rohstoffen wird speziell auf die Beachtung der Einsatztemperatur hingewiesen. Alle Angaben in der DVG-Liste gelten für Temperaturen von 20° C, für niedrigere Temperaturbereiche sind bei gelisteten Produkten entsprechende Gutachten beizubringen.

Generell gilt für den Temperaturbereich zwischen 10° und 20° C dass Konzentrationserhöhungen vorzunehmen sind. Präparate auf der Basis von Aldehyden und organischen Säuren dürfen nicht bei Temperaturen unter 10° C verwendet werden. Bei abweichenden Temperaturen außerhalb des Optimalbereiches sind folgende Konzentrationserhöhungen erforderlich:



Aus dem Diagramm ist der Faktor abzulesen, mit dem der 20° C-Wert multipliziert werden muss, um wirksam desinfizieren zu können. Dies gilt für Rohstoffe ebenso wie für Handelsdesinfektionsmittel und ist beim praktischen Einsatz als Voraussetzung für eine wirksame Desinfektion zu beachten.

Flächendesinfektionsmittel für die Hygiene im Veterinärbereich unterliegen der Richtlinie 98/8/EG. Daraus ergibt sich, dass der Anwender in eigener Verantwortlichkeit die Auswahl hinsichtlich Wirksamkeit, toxikologischer Vertretbarkeit und Umweltverträglichkeit treffen muss.

Gemäß Gefahrstoffverordnung muss der Arbeitgeber prüfen, ob Stoffe, Zubereitungen oder Erzeugnisse mit einem geringeren gesundheitlichen Risiko als die von ihm in Aussicht genommenen erhältlich sind. Dazu muss der Anwender die Sicherheitsdatenblätter, die Kennzeichnungen und die Produktinformation der Hersteller genau kennen.

Bei der Auswahl der Inhaltsstoffe gilt die Abstufung nach folgenden Schema:

Sehr giftig (T +)
Giftig (T)
Ätzend (C)
Gesundheitsschädlich (Xn)
Reizend (Xi)
So sind z.B. Formaldehyd und Glutardialdehyd schon ab 25,0 Massen-% nach Gefahrstoffrecht als T-giftig eingestuft. Dafür gilt: wenn Wirkstoffe mit gleicher Leistung aber geringerer Toxizität vorhanden sind, sind diese für den Einsatz vorzuziehen.

Weiterhin ist der Einsatz krebserzeugender und erbgutverändernder Gefahrstoffe nicht zulässig, wenn deren Austausch zumutbar und nach dem Stand der Technik möglich ist.

In Kategorie 3 ist hier auch das Formaldehyd eingestuft. Aus Tierversuchen liegen einige Anhaltspunkte vor, die aber nicht ausreichen, um diese Substanz in Kategorie 2 einzustufen.

Aus den aufgezeigten Beispielen wird sichtbar, wie umfangreich das Wissen für den richtigen Desinfektionsmitteleinsatz sein muss. Berater, Tierärzte und Landwirte müssen diese Grundsätze kennen, um über eine fachkundige Mittelauswahl Gefahren aus einem unsachgemäßen Desinfektionsmitteleinsatz abzuwenden.

Anschrift des Verfassers:
Dr. Eike Roth
Kremperweg 43
23730 Neustadt

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