Auf die Impfstrategie kommt es an! - Gezielter gegen Atemwegs- und Fruchtbarkeitsprobleme vorgehen
Dr. Friedrich-Wilhelm Busse, Osnabrück
Ohne Impfung ist in infizierten Beständen ein erfolgreiches Vorgehen gegen PRRS kaum möglich. Derzeit stehen den Landwirten hierfür zwei Lebendvakzinen, ab Herbst zusätzlich ein Totimpfstoff, zur Verfügung. Welche Rolle dabei die Wahl des richtigen Impfprogrammes spielt, sagt Ihnen Dr. Friedrich-Wilhelm Busse, Osnabrück.
Seit mittlerweile mehr als zehn Jahren bereitet die PRRS-Erkrankung, auch als Seuchenhafter Spätabort der Schweine ein Begriff, sowohl Sauenhaltern als auch Mästern Kopfzerbrechen. Nach wie vor sind die durch Fruchtbarkeits- und Atemwegsprobleme bedingten Einbußen in den Betrieben nicht unerheblich. Richtig schlimm wird es, wenn sich so genannte Koinfektionen, verursacht zum Beispiel durch Circoviren, Mykoplasmen oder Streptokokken hinzugesellen.
Wie sich PRRS in Sauen- und Mastbeständen äußert, dürfte den meisten Schweinehaltern mittlerweile bestens bekannt sein. Auf die markantesten Anzeichen sei trotzdem noch einmal hingewiesen. InSauenbetrieben (reproduktive Erkrankungsform) deuten insbesondere folgende Punkte auf PRRS hin:
- Verferkeln ab 105. bis 110. Trächtigkeitstag,
- verlängerte Tragezeiten bis 120. Tag,
- Geburt toter, lebensschwacher, mumifizierter Ferkel,
- hohe Saugferkelverluste infolge des großen Anteils lebensschwacher Ferkel,
- vermehrt Umrauscher.
Im Flatdeck und in der Mast tritt das PRRS-Virus häufig nicht so deutlich in Erscheinung wie in der Sauenherde (respiratorische Form), führt aber dennoch zu Schäden durch:
- hartnäckige, lang andauernde Atemwegserkrankungen, vereinzelt Brüll- oder Stoßhusten,
- Bindehautentzündungen (Konjunktivitis), blau-rot verfärbte Ohren,
- gleichzeitiges Auftreten von Hirnhautentzündungen,
- verminderte Tageszunahmen und schlechtere Futterverwertung, Auseinanderwachsen der Mastpartien,
- erhöhte Verluste.
Die klinischen Erscheinungen können unterschiedlich schwer ausgeprägt sein und bis zum Ende der Mast anhalten. Liegen die genannten Symptome vor, sollte der Bestand auf jeden Fall auch diagnostisch auf PRRS untersucht werden. Beide Erkrankungsformen werden sehr stark von den Haltungsbedingungen in den einzelnen Altersgruppen beeinflusst. Je hygienischer die Stallverhältnisse sind, je weniger Tiere aus verschiedenen Herkünften miteinander vermischt werden und je stärker Altersgruppen räumlich voneinander getrennt sind, um so höher ist der Gesundheitsstatus des Bestandes.
Impfstrategie betrieblicher Situation anpassen
Welche Bekämpfungsstrategien kommen in Frage? Eine Rolle hierbei spielen auch die regionalen Besonderheiten, sprich Betriebsstrukturen, Viehdichte, Handel und Tiertransporte, die in Deutschland sehr unterschiedlich sind. Wir kennen Regionen mit hoher und niedriger Erregerdichte sowie Gegenden, wo infolge eines überregionalen Handels mit Mastferkeln und Mastschweinen ein kontinuierlicher Erregeraustausch stattfindet. Um die Betriebe gegen die klinischen Erscheinungen der PRRS-Infektion zu schützen, benötigen wir daher unterschiedliche Impfstrategien.
Seit mehreren Jahren steht den Landwirten und ihren Hoftierärzten zur Eindämmung des PRRS-Geschehens ein Lebendimpfstoff zur Verfügung, der sowohl bei Ferkeln und Mastschweinen (3. bis 18. Lebenswoche) als auch bei Sauen unabhängig vom Trächtigkeitsstadium verwendet werden kann. Sein Einsatz hat sich vielerorts bewährt. Auch in Beständen mit einer hohen Feldvirusdichte ist es gelungen, klinische Krankheitserscheinungen in der Ferkelerzeugung, in der Systemferkelaufzucht und in der Mast zurückzudrängen. In den infizierten Betrieben wurde eine hohe belastbare Immunität aufgebaut, sofern Impfzeitpunkt und Impfhäufigkeit an die jeweilige Situation angepasst waren.
Seit diesem Frühjahr ist nun ein weiterer Lebendimpfstoff gegen PRRS auf dem Markt, der allerdings nur gegen die respiratorische Form, sprich Atemwegserkrankungen, eingesetzt werden kann. Er ist für die einmalige Impfung von Mastläufern in einem Lebensalter von sechs bis neun Wochen zugelassen.
Voraussichtlich ab Herbst dieses Jahres wird es einen dritten, in diesem Falle aber einen Totimpfstoff geben, der ausschließlich für Sauen gedacht ist. In Frage kommt diese Vakzine insbesondere für Vermehrungsbetriebe, die die Jungsauen vor dem Verkauf impfen, weil immer mehr Ferkelerzeuger PRRS-vorimmunisierte Tiere eingliedern wollen. Der Vorteil des Totimpfstoffs besteht darin, dass er auch in PRRS-negativen beziehungsweise Nichtimpfbetrieben eingesetzt werden kann, da hier die Gefahr einer möglichen Impfvirusausscheidung ausgeschlossen ist.
Die Grundimmunisierung mit dieser Vakzine erfolgt zweimal im Abstand von drei bis vier Wochen. Jungsauen werden bis drei Wochen vor dem Belegen geimpft. Bei Stammsauen ist eine zweimalige Bestandsimpfung im Abstand von drei bis vier Wochen möglich. Nach der Grundimmunisierung wird die Impfung zwischen dem 60. und 70. Tag einmalig wiederholt, so dass die Sauen permanent geschützt sind.
Geschlossene Impfdecke im Bestand immer am besten
Für Ferkelerzeuger hat sich die Bestandsimpfung gegen PRRS als das Mittel der Wahl erwiesen: Beim Einstieg in die Impfung werden alle Sauen der Herde zeitgleich, unabhängig vom Trächtigkeitsstadium geimpft, um eine geschlossene Impfdecke zu bekommen. Dazu zählt auch das Impfen der Ferkel ab der 3. Lebenswoche plus aller Flatdeckferkel. Von Vorteil ist es, die Zweitimpfung des Sauenbestandes dann bereits sechs Wochen später durchzuführen, da so die Stabilität im Bestand schneller erzielt wird als beispielsweise nach vier Monaten. In Abhängigkeit vom Erregerdruck werden die Sauen dann in der Folge alle drei bis vier Monate nachgeimpft. Werden auch die Ferkel weiter geimpft, erfolgt das jeweils ab der 3. Lebenswoche.
Herrscht ein hoher Infektionsdruck im Mastbetrieb, bietet sich folgender Impfplan an: Die beste Lösung ist sicherlich, bereits beim Ferkelerzeuger geimpfte Läufer einzustallen. Ansonsten sollten die Ferkel kurz nach dem Einstallen vom Tierarzt geimpft werden. Günstig ist immer, wenn die Ferkel aus möglichst wenigen und gleichbleibenden Herkunftsbetrieben stammen, in denen man die Sauen bereits gegen PRRS impft. Zu beachten ist außerdem: Liegt im Flatdeck oder Maststall neben PRRS eine zusätzliche (sekundäre) Erkrankung vor, so muss zuerst diese entsprechend bekämpft werden, bevor man gegen PRRS impft.
Für die erfolgreiche Eingliederung der Jungsauen spielt das passende PRRS- Impfschema eine entscheidende Rolle. Deshalb gehen immer mehr Zuchtunternehmen dazu über, PRRS-geimpfte Jungsauen auszuliefern, um Ferkelerzeugern mit PRRS-positiven Beständen die Arbeit zu erleichtern. Besteht keine Möglichkeit, geimpfte Jungsauen zu beziehen, hat sich folgendes Schema bewährt: In PRRS-positiven Beständen werden die Jungsauen sofort bei Ankunft im Quarantänestall geimpft. Ist die Altsauenherden noch nicht PRRS-stabil, sprich es kommt noch zu klinischen Anzeichen, sollten die Jungsauen nach drei bis vier Wochen eine zweite Impfung erhalten. Das Impfschema ist natürlich in Absprache mit dem Hoftierarzt festzulegen. Generell gilt beim Eingliedern der Jungsauen: Die zugekauften Tiere sind mindestens vier Wochen in einem Isolierstall zu halten, bevor sie in die Sauenherde kommen – unabhängig von der PRRS-Situation im Betrieb.
Mit PRRS-Impfung auch Circoviren in Schach halten
Seit etwa zwei Jahren führt das Porcine Circovirus (PCV 2) zu erheblichen Leistungseinbußen, insbesondere in den schweinedichten Regionen Deutschlands. Sind Bestände allein vom Circovirus befallen, kommt es häufig zu keinen oder nur milden klinischen Symptomen. Tritt dieses Virus allerdings zusammen mit anderen Erregern auf, wird häufig das als PMWS (Post Weaning Multisystemic Wasting Syndrome) bezeichnete Kümmern beobachtet. Und in den meisten dieser Fälle lässt sich neben dem Circovirus auch das PRRS-Virus nachweisen. Forschungsergebnisse belegen, dass beide Viren das Abwehrsystem der Lunge schädigen und bei gleichzeitigem Auftreten es zu deutlich stärkeren Krankheitssymptomen kommt. Die Einbußen infolge Kümmern und Wachstumsstillstand bei den Tieren steigen dann enorm.
Das verdeutlichen auch die Ergebnisse aus der Betriebszweigabrechnung des Weser-Ems-Gebietes aus dem Jahr 2000.
Die Tabelle zeigt die Effekte der PRRS-Impfung in PRRS- und PCV 2-infizierten Ferkelerzeuger-, Aufzucht- sowie Mastbetrieben: So hatte knapp die Hälfte der Sauenhalter mit einem PRRS-Impfprogramm für Sauen und Ferkel niedrige Saugferkelverluste unter 14,5 Prozent. Die höchsten Verluste waren dort zu verzeichnen, wo nicht geimpft wurde und zudem das Management schlecht war.
Ein ähnliches Bild zeigte sich in der Aufzucht sowie Mast. Systemferkel- und Mastbetriebe mit gutem Management, einem PRRS-Impfprogramm in der eigenen und/oder vorgelagerten Ferkelerzeugerstufe sowie wenig Herkünften pro Stallabteil hatten die niedrigsten Verluste und damit wirtschaftliche Einbußen. Fakt ist aber: Die PRRS-Schutzimpfung bewirkt ohne begleitende Managementmaßnahmen, wozu natürlich eine entsprechende Hygiene gehört, keine Verdrängung des PRRS-Virus (vom Circovirus ganz zu schweigen) aus dem Bestand. Das sollte jedem Schweinehalter bewusst sein.
Für die freundliche Unterstützung der Firma
zu diesem Thema möchten wir uns herzlich bedanken!
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