Clostridien, zunehmende Bedeutung als Durchfallursache bei Saugferkeln
Dr. Gabriele Schagemann & Dr. Gerald Behrens
Clostridien sind Bakterien, die den Darm des Schweines besiedeln und dabei hochgiftige Stoffe (Toxine) bilden können. Unter den Clostridientoxinen befinden sich die stärksten überhaupt bekannten biologischen Gifte, z. B. die Toxine des Botulismuserregers Clostridium botulinum oder des Wundstarrkrampferregers Clostridium tetani. Bei neugeborenen Ferkeln verursacht Clostridium perfringens Typ C die „Nekrotisierende Enteritis (NE) der Saugferkel“, eine meist tödlich verlaufende blutige Entzündung des Dünndarms. Zunehmend wird in den letzten Jahren bei Saugferkeldurchfällen auch Clostridium perfringens Typ A nachgewiesen. Die durch diesen Typ A verursachten „Clostridien-Durchfälle des Saugferkels“ verlaufen in der Regel jedoch deutlich milder.
Clostridien wachsen ausschließlich unter Luftabschluss, Sauerstoff ist also „Gift“ für sie. Der natürliche Lebensraum dieser Bakterien ist der Erdboden, wo sie am Abbau organischer Materialien beteiligt sind. Verschiedene Clostridienarten besiedeln regelmäßig den Magen-Darm-Trakt von Mensch und Tier, wobei sie üblicherweise keine Krankheitssymptome verursachen. Besonders bei Pflanzenfressern (Herbivoren) und Allesfressern (Omnivoren) sind sie immer im Kot nachweisbar. In ihrer natürlichen Wachstums- und Vermehrungsphase sind Clostridien wie die meisten Bakterien relativ empfindlich gegenüber üblichen Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen. Ein besonderes Merkmal ist ihre Fähigkeit, Sporen zu bilden. Diese Sporen sind extrem überlebensfähige Dauerformen der Clostridien. Unter natürlichen Bedingungen können diese Dauerformen Jahrzehnte bis Jahrhunderte in der Umwelt überleben (z.B. im Boden) und sind extrem widerstandsfähig gegen Hitze, Austrocknung, UV-Bestrahlung und Desinfektionsmitteln (z.B. überleben sie 100°C bis zu einigen Stunden und 90%iger Alkohol ist unwirksam).
Clostridienbedingte Infektionen beim Schwein haben in den letzten Jahren in Deutschland stark zugenommen und treten hauptsächlich bei Saugferkeln, häufig zusammen mit E.coli auf. Bei älteren Tieren (Mast, Zucht) sind clostridienbedingte Infektionen selten und meist durch Fütterungsfehler (Überfütterung) oder Mängel in der Fütterungshygiene bedingt (besonders bei Flüssigfütterung mit Molkeeinsatz). Wichtigstes Erregerreservoir sind infizierte, klinisch gesunde Sauen, die den Erreger mit dem Kot ausscheiden. Da Clostridium (Cl.) perfringens Typ C ebenso wie Cl. perfringens Typ A auch bei gesunden Ferkeln in geringer Menge im Kot nachweisbar sind, werden klinische Symptome erst durch erhöhten Infektionsdruck und verschiedene, die Tiere belastende Faktoren verursacht (z.B. andere Erkrankungen, Stress, etc.). Eine starke Vermehrung der Clostridien wird besonders beobachtet in Großbeständen, bei schlechter Stallhygiene, bei Auslaufhaltung und bei Langzeitbehandlung mit Antibiotika, gegen die die Clostridien entweder bereits resistent sind oder gegen die sie schnell Resistenzen entwickeln.
Nekrotisierende Enteritis (NE) neugeborener Ferkel
Es handelt sich um eine perakut (extrem schnell verlaufend) bis chronisch verlaufende Erkrankung der Ferkel mit Cl. perfringens Typ C, die insbesondere in der ersten Lebenswoche auftritt. Die Krankheitssymptome werden durch das beta-Toxin von Cl. perfringens Typ C verursacht, welches durch das Verdauungsferment Trypsin zerstört wird und somit bei älteren Tieren üblicherweise keine Wirkung mehr besitzt.
Die Ferkel infizieren sich häufig schon während der Geburt oder kurze Zeit später beim Saugen an kotverschmutzter Gesäugehaut und Zitzen. Da sie in den ersten Lebenstagen nur wenig Trypsin bilden und das Kolostrum zusätzlich die Trypsinwirkung hemmt, kommt das beta-Toxin bei den neugeborenen Ferkeln zur vollen Wirkung (ab der 4. Lebenswoche treten deshalb keine Erkrankungen mehr auf). Das beta-Toxin schädigt die Darmzellen, es kommt zur Ablösung und Zerstörung (Nekrose) der Darmschleimhaut wodurch ein Übertritt der Toxine in die Blutbahn möglich wird. Der Infektionsverlauf ist vom Alter der Ferkel abhängig. In perakuten bis akuten Fällen tritt Blut in den Darm aus; bei etwas älteren Ferkeln mit chronischem Verlauf bilden sich dagegen dicke nekrotische Auflagerungen, ohne dass Blutungen sichtbar werden.
Der rasche Tod junger Ferkel wird wahrscheinlich direkt durch das beta-Toxin verursacht; der ebenfalls meist tödliche Verlauf der subakuten bis chronischen Infektionen wird dagegen vorwiegend durch irreversible Resorptionsstörung im Darm und Austrocknung verursacht. Die Erkrankungsrate liegt zwischen 15 und 80 % der Ferkel eines Wurfes, von denen selbst mit therapeutischen Maßnahmen meist keines die Infektion überlebt. In betroffenen Beständen bleibt die Infektion über Monate bis Jahre bestehen und kann dort erhebliche Verluste verursachen.
Wo kommen die Clostridien her?
Als natürliche Bodenbesiedler kommen Clostridien auch häufig in geringen Mengen im Darm des Schweines vor. Zur Erkrankung der Saugferkel kommt es jedoch erst dann, wenn sich der Infektionsdruck in der Sauenherde langsam aufgeschaukelt hat. Dabei ist der Zukauf von Jungsauen aus stark infizierten Herden die häufigste Ursache für das Anwachsen des Clostridiendrucks.
In einzelnen Fällen ist auch von der Einschleppung der Clostridien durch verdorbene Futtermittel, insbesondere Tier- und Fischmehle berichtet worden. Bei der Bewertung von Clostridien in Futtermitteln ist jedoch Vorsicht geboten, da die verschiedenen Clostridien-Typen unterschiedlich giftig für das Schwein sind. Clostridium perfringens Typ C ist mit Abstand am giftigsten.
Bekämpfung von Clostridien
Eine prophylaktische Behandlung der neugeborenen Ferkel mit Penicillin oder Ampicillin ist möglich, verursacht jedoch erhebliche Kosten durch den sehr hohen Arbeitsaufwand. Die Behandlung schon erkrankter Ferkel ist dagegen meist wirkungslos, denn Antibiotika können zwar die weitere Vermehrung der Clostridien verhindern, sind aber nicht gegen die schon vorhandenen Toxine wirksam! In gefährdeten Beständen ist die Muttertierimpfung deutlich effektiver als die Behandlung der Ferkel. In der Praxis hat sich der Einsatz von Kombinationsimpfstoffen (Clostridien und E.coli) durchgesetzt, da häufig diese beiden Erreger gleichzeitig im Bestand Probleme bereiten. In diesen Fällen wird der Impfstress für die Sauen durch Kombinationsimpfstoffe erheblich gemindert. Bei Impfbeginn müssen die Sauen zweimal (etwa 5. und 2. Woche) vor jeder Abferkelung geimpft werden. In Beständen mit äußerst heftigem Infektionsgeschehen ist sogar eine 3. Impfung, insbesondere bei Jungsauen etwa am 3. Tag nach der Abferkelung empfehlenswert. Die Doppelimpfung vor der Abferkelung sollte solange durchgeführt werden bis klinische Symptome nur noch auf einzelne Ferkel reduziert sind. Danach reicht die einmalige Impfung der Altsauen etwa 10-21 Tage vor jeder Abferkelung. Durch die Impfung bildet die Sau große Mengen an Antikörpern gegen Clostridien und E. coli, bzw. deren Toxine, welche dann über die Milch auf die Ferkel übertragen werden und diese vor der Infektion schützen. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die Sauen genügend Milch geben und die Ferkel auch genügend Kolostrum aufnehmen.
Dem Tierarzt stehen zur Zeit drei verschiedene Kombinationsimpfstoffe gegen Clostridien und E.colizur Verfügung, die sich bei etwa gleichem Preis hauptsächlich in ihrer E.coli Komponente unterscheiden. Wichtig ist es, einen Impfstoff auszuwählen, der möglichst viele Erregerkomponenten (Antigene) enthält. Bei Cl. perfringens Typ C muss unbedingt das beta-Toxoid (Toxoid ist das inaktivierte Toxin) enthalten sein und dies in möglichst großer Menge. Am besten ist es, wenn das Toxoid vom Zieltier, nämlich dem Schwein stammt. Bei E.coli sollten drei Erregerkomponenten enthalten sein:
- O-Antigene, zur Verhinderung der Vermehrung
- F-Antigene, zur Verhinderung der Anheftung an den Darm und
- Toxoid, zur Verhinderung der Toxinwirkung.
Momentan gibt es 3 Kombinationsimpfstoffe, die sich in der Zusammensetzung der Coli-Komponente z.T. erheblich unterscheiden:
Checkliste zur Auswahl des richtigen Coli-Clostridien-Impfstoffes
Für den langfristigen Erfolg sollte aber auf jeden Fall auch die Ursache der aufgetretenen Clostridienproblematik ergründet und das Management entsprechend geändert werden. Wichtig ist eine gute Hygiene in der Abferkelung mit möglichst Rein-Raus-Belegung der Abteile und Einwaschen der Sauen. Eine Überprüfung der antibiotischen Behandlung der Sauen und Saugferkel durch den Tierarzt kann helfen, Kosten zu sparen und Resistenzen zu vermeiden. Hier muss unbedingt auf den richtigen Wirkstoff und die ausreichende Dosierung und Dauer der Behandlung geachtet werden. Daneben sollte auch die Fütterungshygiene überprüft und alle Möglichkeiten genutzt werden, die allgemeine Gesundheit der Tiere zu verbessern.
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zu diesem Thema möchten wir uns herzlich bedanken!
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