Toxoplasmose in der Schweineproduktion
Christin Lehmann, Bahnhofstr. 69, 25782 Tellingstedt
Einleitung
Die Toxoplasmose stellt ein bedeutendes Gesundheitsrisiko für den Menschen dar. Infektionen mit dem Erreger Toxoplasma gondii verlaufen in der Regel subklinisch, d.h., ohne Symptome. Infizieren sich aber Frauen während einer Schwangerschaft zum ersten Mal, kommt es je nach Zeitpunkt der Infektion zu schweren Schädigungen der Kinder. Akute, oft zum Tode führende Toxoplasmosen werden bei immungeschwächten Patienten (z.B. AIDS) beobachtet.
Die Toxoplasmose wird historisch gesehen v.a. mit Katzen in Zusammenhang gebracht, danach erfolgt die Infektion des Menschen vor allem durch die Aufnahme in die Umgebung ausgeschiedener Oozysten.
Bei neueren Untersuchungen wurde eine weite Verbreitung des Parasiten bei Schweinen festgestellt und rohes oder ungenügend erhitztes Fleisch als Infektionsquelle für den Menschen identifiziert. Es liegt im ureigensten Interesse der Schweinefleischproduzenten die Sicherheit ihres Produktes zu erhöhen und mögliche Infektionsrisiken zu minimieren, hierzu zählt auch die Bekämpfung der Toxoplasmose.
Lebenszyklus
Toxoplasma gondii ist ein einzelliger Parasit, der eine Vielzahl von warmblütigen Tieren infiziert. Infektiöse Stadien sind Gewebezysten in der Muskulatur infizierter Tiere und die in die Umgebung ausgeschiedenen widerstandsfähigen Oozysten. Der Lebenszyklus der Parasiten mit ungeschlechtlicher Vermehrung kann komplett in einem Wirt ablaufen. Die geschlechtliche Vermehrung findet ausschließlich in Feliden (katzenartige Tiere) statt und nur sie können Oozysten ausscheiden.
Schweine können sich durch die Aufnahme ausgeschiedener Oozysten oder durch die Aufnahme von Gewebezysten von infizierten Nage- oder Wildtieren bzw. kontaminierten Fleischabfällen infizieren.
Die Rolle des Schweines bei der Infektion des Menschen
Bislang gibt es keine Möglichkeit im Nachhinein herauszufinden, auf welchem Weg eine Infektion statt gefunden hat, ob durch die Aufnahme von Oozysten aus der Umgebung oder von Gewebezysten in ungenügend erhitztem Fleisch. Es wird geschätzt, dass 50% aller Toxoplasmose – Infektionen lebensmittelbedingt sind. Für 20% aller Lebensmittelinfektionen mit Todesfolge sollen Toxoplasmen verantwortlich sein. Ähnliche Statistiken werden auch in anderen Ländern vermutet.
Bei den lebensmittelliefernden Tieren wurde nur beim Schwein eine hohe Infektionsrate festgestellt. Eine definitive Zuordnung von Schweinefleisch als Infektionsursache gestaltet sich schwierig. Demzufolge gibt es nur begrenzte Daten. Bei zwei Ausbrüchen in Korea wurde ungegartes Schweinefleisch als Infektionsursache identifiziert. Die vorher gesunden Erwachsenen erkrankten an Augenentzündungen (3) und Lymphknotenveränderungen (5 Patienten).
Bei einer repräsentativen Untersuchung von Erwachsen wurde bei einer Gruppe von Menschen, die Fleisch meidet (7 – Tage Adventisten), ein geringeres Vorkommen von Infektionen (18%) festgestellt als bei Menschen mit normalem Fleischkonsum (40%).
Verbreitung beim Schwein
Nach Erhebungen in den Jahren 1983-1984 waren in den USA ca. 23,9% aller Schweine mit Toxoplasmen infiziert, wobei die Rate bei den Zuchtschweinen mit 42% höher lag als bei den Mastschweinen mit 23%. Bei Untersuchungen von 1992 in den selben Gebieten reduzierte sich die Infektionsrate auf 20,8% bei Zuchtschweinen und auf 3,1% bei Mastschweinen.
Serologische Untersuchungen der nationalen Tiergesundheitsüberwachungsbehörde im Jahr 1990 ergaben landesweit in den USA eine positive Rate von 20% bei den Sauen. 1995 durchgeführte Untersuchungen zeigten eine Prävalenz von 15% bei den Sauen und 3,2% bei den Mastschweinen. Diese Zahlen geben einen Hinweis darauf, dass sich das Vorkommen von Toxoplasmose verringert.
Es gibt allerdings abhängig vom Haltungssystem sehr große Unterschiede bei den Infektionsraten. Extrem hohe Raten wurden in Outdoorbetrieben entdeckt (50%). Tiere, die ohne jeglichen Kontakt zur Außenwelt gehalten werden, zeigen Infektionsraten unter 1%.
Nachweis von Toxoplasmeninfektion beim SchweinToxoplasmenzysten werden bei der Schlachthofuntersuchung nicht entdeckt, da sie mikroskopisch klein sind. Untersuchungen, wie sie für die Trichinen- und Bandwurmdiagnostik durchgeführt werden, sind für die Toxoplasmenzysten nicht geeignet. Möglichkeiten der serologischen Diagnostik, wie ELISA oder Agglutinationstest dauern entweder zu lange oder sind noch nicht für den praktischen Gebrauch ausgereift. Selbst bei Verbesserung der serologischen Diagnostik ist es unwahrscheinlich, dass diese indirekten Nachweismethoden für die Schlachttieruntersuchung genehmigt werden, wenn die Lebensmittelsicherheit gewährleistet werden soll.
Der sicherste Nachweis der Toxoplasma gondii – Infektion gelingt nur über ein Bioassay, eine sogenannte biologische Untersuchung. Bei dieser Methode werden Mäuse oder Katzen mit verdächtigem Material geimpft (infiziert). Es dauert dann mehrere Wochen bis die Parasiten in den Versuchstieren nachgewiesen werden können. Damit ist dieses Verfahren für die Schlachttieruntersuchung ungeeignet.
Übertragung
Es gibt zwei Möglichkeiten der Übertragung von Toxoplasmen.
Die erste ist die Aufnahme von Gewebezysten. Dies geschieht entweder durch den Kontakt zu lebenden und toten Nagern sowie anderen Wildtieren oder durch die Aufnahme von rohen bzw. ungenügend erhitzten Fleischabfällen. Das ist der gleiche Übertragungsweg wie bei der Trichinellose.
Die zweite Variante ist die Infektion durch die Aufnahme von Oozysten aus der Umgebung. Die Oozysten werden von Katzen ausgeschieden. Sie sind sehr widerstandsfähig und können durch die Verteilung von Schmutz oder organischen Stoffen sehr leicht innerhalb eines Betriebes verbreitet werden.
Outdoor – Haltung von Schweinen, das Vorhandensein von Katzen in Betrieben, infizierte Katzen und Mäuse in der Umgebung und kleine Herdengrößen sind Managementfaktoren, die die Infektionsrate erhöhen. Durch Kannibalismus wird eine vorhandene Infektion extrem schnell verbreitet.
Bei Untersuchungen von 47 Farmen im Bundesstaat Illinois mit typischer Infektionsrate (15,1% der Sauen und 2,3% der Mastschweine) wurde eine Vielzahl von Tierarten gefunden, die als Erregerresevoir dienten. 68,3% der Katzen, 67% der Waschbären, 38,9% der Skunks, 22,7% der Opossum, 6,3% der Ratten und 2,2% der Mäuse waren infiziert. Oozysten wurden in Futterproben, Katzenfäzes und im Schmutz gefunden. Überall wo Katzen präsent sind, können diese Infektionsstadien gefunden werden, selbst in den Buchten und im Futter. Eine infizierte Katze kann über einen Zeitraum von einer Woche täglich Millionen von Oozysten ausscheiden, die wiederum unter den meisten klimatischen Bedingungen jahrelang überleben können. Um also das Risiko der Infektion der Schweine zu reduzieren, muss die Kontamination der Umgebung vermieden werden.
Gegenmaßnahmen und Prophylaxe
Trotz der weiten Verbreitung der Toxoplasmen bei Nagern und Wildtieren und der Möglichkeit, dass Katzen die Umgebung mit widerstandsfähigen Oozysten kontaminierten, ist es möglich, Schweinebestände Toxoplasmose-frei zu halten. Untersuchungen beweisen, dass es viele serologisch freie Betriebe gibt.
Sicherheitsmaßnahmen, die verhindern, dass andere Tiere die Produktionsstätten betreten können, regelmäßige Schadnagerbekämpfung und –kontrolle und Vermeidung der Kontamination des Bodens und des Futters mit Oozysten sind Grundmaßnahmen für die toxoplasmenfreie Aufzucht. Produktion nach Qualitätsstandards bietet ein großes Maß an Sicherheit.
Die Bedeutung der Katzen kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Bei Untersuchungen von Farmkatzen wurden 41,9% - 70,7% der Tiere positiv getestet. Obwohl die meisten Katzen die Oozysten nur ca. eine Woche lang ausscheiden, wurden immerhin 1,8% der Katzen als aktive Ausscheider identifiziert. Von noch größerer Bedeutung ist das Auftreten von Oozysten in Erd- und Futterproben auf diesen Farmen. Bei der Analyse der Risikofaktoren trat zu Tage, dass mehr Schweine positiv getestet wurden, wenn infizierte Jungkatzen (Quelle der Oozysten) und infizierte Hausmäuse im Betrieb vorhanden waren.
Da bereits eine Oozyste ausreicht, um ein Schwein zu infizieren, ist der Schutz der Schweine vor der Kontamination der Umgebung, des Futters und der Übertragung von Oozysten über Stiefel unabdingbar. Biosicherheitsmaßnahmen und Produktion nach Qualitätsstandard sind notwendig, um eine Produktion von Schweinen frei von Toxoplasmose zu gewährleisten.
Folgende Maßnahmen minimieren das Risiko einer Infektion der Schweine mit Oozysten oder Gewebezysten:
- Haltung der Schweine in Gebäuden, in die das Eindringen von Säugetieren incl. Katzen nicht möglich ist
- Allgemeine Hygienemaßnahmen, die die Attraktivität der Gebäude für Nager und Wildtiere senken
- Effektive Schadnagerbekämpfung rund um die Produktionsanlage, folgende Maßnahmen sind eingeschlossen:
- Regelmäßige Überprüfung der Anlage auf Nageraktivitäten
- Regelmäßige Überprüfung der Gebäudesicherheit und Behebung der Mängel
- Einrichtung und Erhaltung einer Hygienezone im Umkreis um die Gebäude (häufiges Mähen des Bewuchses im Umkreis von 30m und eine ca. 1m breite „sterile“ Zone direkt am Gebäude ohne Vegetation)
- Tägliche Reinigung der Siloplätze
- Tägliche Entfernung toter Tiere (mind. 30m entfernt vom Stall)
- Aufstellen und regelmäßige Kontrolle von Köderstationen im Abstand von ca. 15m rund um das Gebäude und in den Lagerräumen für Futter
- Aufstellen und regelmäßige Kontrolle von Köderstationen oder Fallen innerhalb der Gebäude
- Bezug des Futters oder der Futterzusatzstoffe nur von Firmen, die nach Qualitätsstandard produzieren und sicherstellen, dass während des Herstellungsprozesses Säugetiere keinen Zugang haben und Schadnagerbekämpfung stattfindet
- Hofmischer müssen das Futter so herstellen, lagern und verteilen, dass es nicht mit Nagern, Kadavern von Wildtieren oder Katzenkot in Kontakt kommen kann
- Wildkadaver dürfen nicht absichtlich an Schweine verfüttert werden. Schweine dürfen keinen Zugang zu Aufenthaltsorten oder Kadavern von Wildtieren haben
- Wenn Fleischabfälle verfüttert werden, muss eine ausreichende Erhitzung gewährleistet sein, um die Toxoplasmen abzutöten
- Tote Schweine sind so schnell wie möglich aus den Buchten zu entfernen, um dem Kannibalismus vorzubeugen
- Spezielle Stiefel sind im Stall und in den Futterlagern zu tragen. Sie dürfen auf keinen Fall außerhalb dieser Orte benutzt werden.
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