Header-Grafik

Qualitätsmanagement in Schweinebeständen und die Bedeutung von Haptoglobin zur Beurteilung des Gesundheitszustandes

 

 Zusammenfassung verschiedener Studien über Gesundheitsmanagement, Frühwarnsysteme und dem Blutparameter Haptoglobin der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn unter der Leitung von Prof. Dr. B. Petersen. Die Projekte wurden von Dr. rer. nat. C. Lipperheide, Tierärztin Dr. S. Knura-Deszczka, Dr. rer. nat. E. Pönsgen-Schmidt und Tierärztin D. Dickhöfer durchgeführt und dokumentiert. 


Einleitung
Haptoglobin ist ein Eiweißmolekül, welches im Blut nachweisbar ist und zu den sogenannten Akute-Phase-Proteinen gezählt wird. In den letzten Jahren ist die Forschung über dieses Thema zu interessanten Erkenntnissen gekommen. Haptoglobin könnte für die Zukunft eine große Bedeutung in der Gesundheitsbeurteilung von Schweinen einnehmen.


Welche Aussagekraft besitzt eine Haptoglobin - Bestimmung?
Die Haptoglobinkonzentration im Blut steigt bei einer Infektion an, bevor diese Infektion klinisch sichtbar wird. Versuche haben gezeigt, dass bereits 24 Stunden nach einer künstlichen Infektion ein deutlicher Anstieg messbar ist. Das bedeutet, dass bereits in der Inkubationsphase Krankheiten entdeckt werden können. Es handelt sich um einen unspezifischen Nachweis, der keine Aussage über die Art des Erregers macht. 

Daneben findet man auch bei Schweinen, die unter dem sogenannten "immunologischen Stress" leiden, erhöhte Haptoglobin - Werte. Immunologischer Stress tritt immer dann auf, wenn die Haltungsbedingungen für die Tiere unzureichend sind, wie z. B. zu wenig Platz/Tier, schlechte klimatische Bedingungen, mangelhafte Hygiene etc. Diese Bedingungen führen zu einer ständigen Auseinandersetzung des Immunsystems der Schweine mit den Umweltbedingungen. Das erhöht zum einen die Haptoglobinkonzentration im Blut, zum anderen muss hierfür eine große Energiemenge aufgewendet werden. Diese Energie fehlt dann beim Wachstum, die Tiere fallen durch schlechtere Leistung, wie geringe Tageszunahmen oder ungenügende Futterverwertung auf.

Die Erhöhung des Haptoglobinwertes zeigt also Erkrankungen im Frühstadium oder immunologischen Stress der Tiere an. Damit eignet sich dieser Parameter außerordentlich gut zur Überwachung des Gesundheitszustandes von Beständen. In der Kette Ferkelerzeuger / Mäster kann mit der Messung von Haptoglobin die Beurteilung von Tiergruppen und damit von Lieferanten verbessert werden.


Praktische Bedeutung
In einer ganzen Reihe von Forschungsarbeiten ist die Bedeutung des Parameters Haptoglobin von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn unter der Leitung von Frau Prof. Dr. B. Petersen untersucht worden. Dabei wurde deutlich, dass die Messung dieses Akute-Phase-Proteins die größte Aussagekraft erhält, wenn sie in ein Qualitätsmanagement - Konzept eingebunden wird. Auch über diese Konzepte liegen viele Untersuchungsergebnisse vor, die hier vorgestellt werden sollen.


Wozu braucht man Qualitätsmanagement oder Bestandsscreening?
Es ist allgemein bekannt, dass die auf der Stufe der Ferkelerzeugung auftretenden Gesundheitsprobleme sehr häufig auch Folgen auf das Krankheitsgeschehen in der Schweinemast haben. Daher gewinnen gerade unter der Zielsetzung, kettenbezogene Qualitätsmanagement-Systeme aufzubauen, integrierte Gesundheitssicherungskonzepte zunehmend an Bedeutung, die alle an der Erzeugung von Schweinefleisch beteiligten Produktionsstufen umfassen.

Krankheiten und deren Behandlungen können im Sinne des Qualitätsmanagements als qualitätsmindernde Faktoren und Fehler im Prozessablauf betrachtet werden. Deshalb liegt ein Schwergewicht des präventiven Qualitätsmanagements in schweinehaltenden Betrieben in der Gesundheitsvorsorge. Es geht darum,

  • Krankheiten bereits im subklinischen Stadium zu erkennen und zu verhindern, dass sie ein klinisches Stadium übergehen oder vom Einzeltier- zum Herdenproblem werden.
  • Belastungsfaktoren und damit Risiken für die Gesundheit der Tiere im Umfeld frühzeitige zu erkennen und zu beheben (Schwachstellenanalyse).


In der Praxis sind solche Programme bislang nur in einigen Pilotprojekten durchgeführt worden, obwohl klare Vorteile für die Produktions- und Verbrauchersicherheit einen nicht zu unterschätzenden Wettbewerbsvorteil mit sich bringen.
Die bestehenden Strukturen sind für das Qualitätsmanagement vor allem zwischen den Produktionsstufen nicht effektiv genug, da Fütterungsberatung, züchterische, produktionstechnische und tierärztliche Beratung zu abgekoppelt voneinander stattfinden. Wenn jedoch genügend Instrumente der Datenverarbeitung und des Vergleichs zur Verfügung stehen, kann sich diese Situation rasch ändern. Eine Entwicklung, die zur Zeit sowohl vom Verbraucher als auch von Seiten der Politik mit Sicherheit begrüßt wird. 


Wie funktioniert die Einstufung von Betrieben?
Um die einzelnen Betriebe miteinander vergleichen zu können, sind verschiedene Modelle zur Beurteilung entwickelt worden. Das von der Bonner Universität benutzte Modell wurde 1996 von BERNS entwickelt und weiter modifiziert. Es teilt den Beständen sogenannte Teilbetriebs- und Betriebskennziffern zu, die nach einem Berechnungsschlüssel aufgrund von Benotungen der Einzelparameter errechnet werden:



Für die Bewertung werden Noten von 1 - 10 vergeben und zwar nach folgendem Schlüssel:



Nach diesem Bewertungsschlüssel kann eine relativ objektive Einstufung eines Betriebes stattfinden. 

Aufgrund dieser Einstufung wiederum findet bereits eine Analyse von Schwachstellen statt, die im Idealfall durch geeignete Maßnahmen verbessert werden. 

Diese Daten müssen zentral gesammelt und ständig aktualisiert werden. Das erfordert ein besseres Zusammenarbeiten der einzelnen Beratungsinstitutionen als es derzeit praktiziert wird. Besteht jedoch einmal ein umfassender Datenbestand, z.B. innerhalb einer Erzeugergemeinschaft, können für die nachgelagerten Produktionsstufen wichtige Informationen bereitgestellt werden. Das bietet die Möglichkeit, den sogenannten Crowding-Effekt (= das Auftreten von Erkrankungen nach dem Zusammenstallen von klinisch unauffälligen Ferkeln aus verschiedenen Herkunftsbetrieben) zu minimieren und ggf. vor Ausbruch einer Infektion geeignete Prophylaxe-Maßnahmen zu ergreifen.

Auch wenn die Erzeugerbetriebe nach oben beschriebenem Schlüssel bewertet worden sind, weiß der Mäster noch immer nicht, ob die Ferkel auch wirklich gesund sind. Hier kommt die Haptoglobinbestimmung ins Spiel: Bei erhöhten Werten kann eine Infektion, die noch nicht klinisch feststellbar ist, erkannt werden. Im Gegensatz zur serologischen Blutuntersuchung, bei der die Antikörper der häufig auftretenden Infektionen einzeln bestimmt werden und bei der nur Antikörper-Veränderungen innerhalb eines angemessenen Zeitraums als Hinweis einer akuten Infektion angesehen werden können, muss nur einParameter bei einer repräsentativen Anzahl von Ferkel untersucht werden, um einen Hinweis auf den allgemeinen Gesundheitszustand der Tiere zu erhalten. 

Ist der Wert unter einer bestimmten Grenze, kann davon ausgegangen werden, dass keine Infektion vorliegt und die Tiere auch nicht unter immunologischem Stress leiden. Das ist für den Mäster die ideale Voraussetzung, weil die Schweine nur in diesem Fall ihr genetisches Leistungspotential voll ausschöpfen können. 


Fazit
Noch ist das flächendeckende, vertikale Bestandsscreening Zukunftsmusik. Die derzeitige Stimmung in der Landwirtschaft, der Politik und beim Verbraucher lässt jedoch erkennen, dass der Weg in diese Richtung gehen muss. Im europäischen Ausland werden ähnliche Ansätze beobachtet, was ein rasches Handeln ratsam erscheinen lässt. Damit würde das Vertrauen der Verbraucher gewonnen und ein hoher Qualitätsstandard im Vergleich zum europäischen Markt geschaffen. 

Die genauen Einzelheiten einer Bestandsbeurteilung sind sicher noch variabel, die Haptoglobin - Untersuchung dagegen bietet sich förmlich als der ideale Messwert für die aktuelle Beurteilung des Gesundheitsstatus einer Tiergruppe an. Weitere Forschungen laufen derzeit an verschiedenen Instituten in Europa, man darf gespannt sein, welche Bedeutung die Akute-Phase-Proteine, unter anderem das Haptoglobin, für die Tierhaltung erlangen werden.

In Deutschland wird die Untersuchung im Labor Biofocus in Recklinghausen durchgeführt. Die Untersuchung kostet ca. 5,00 DM pro Probe, Staffelpreise auf Anfrage.
Weitere Informationen erhalten Sie bei der Pigpool-Redaktion.



Literatur: 

B. Petersen, C. Lipperheide, S. Knura-Deszczka (1999): Sicherung der regionalen Vermarktung von Ferkeln für nordrhein-westfälische Qualitätsfleischprogramme durch die Einführung überbetrieblicher Gesundheitsmanagement- und Frühwarnsysteme. Forschungsberichte der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (Lehr- und Forschungsschwerpunkt Umweltverträgliche und standortgerechte Landwirtschaft, Hrsg.), Heft Nr. 72 

S. Knura-Deszczka (2000): Bewertung von Haptoglobin als Parameter zur Einschätzung des Gesundheitsstatus von Mastschweinen. Dissertation Hannover

B. Petersen, C. Lipperheide, E. Pönsgen-Schmidt, D. Dickhöfer (2000): Einfluss von Mastbedingungen auf die Tiergesundheit und die Ergebnisse der Schlachttier- und Fleischuntersuchungen bei Mastschweinen. Forschungsberichte der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn (Lehr- und Forschungsschwerpunkt Umweltverträgliche und standortgerechte Landwirtschaft, Hrsg.), Heft Nr. 81

Berns, G. (1996): Einbindung von Checklisten und mobilem Analyselabor in Beratungskonzepte zur Erweiterung von Gesundheitsvorsorge- und Qualitätsmanagementsystemen in der Schweinefleischerzeugung. Dissertation Bonn

zurück zur Übersicht