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Shigatoxin:

 
  Rabiate E.coli-Keime sorgen für Verluste bei Absatzferkeln



STEC was ist das?

Eine besonders aggressive Art von E.coli-Bakterien erfährt momentan eine unglückliche Renaissance bei Aufzuchtferkeln und Mastläufer. Shigatoxin-bildende E.coli-Bakterien, kurz STEC genannt, gelangen über das Futter in den Dünndarm und produzieren den Giftstoff Shigatoxin Stx2e. Dieses Shigatoxin dringt durch die Darmwand in die Blutbahn ein und führt zu erheblichen Organschäden (Abb.1). Es ist die Ursache der Ödemkrankheit. Mittel- bis schwergradige STEC-Krankheitsausbrüche verursachen erheblichen Medikationsaufwand und Minderleistungen.
 



























Abb.1
Übergang von Shigatoxin in den Blutkreislauf (Schemazeichnung)
 
Typische Krankheitsbilder sind: Ödeme an Augenlidern, Nasenrücken und Darm, Krämpfe, Lähmungen, Ruderbewegungen in Seitenlage. Als markantes Zeichen von Kehlkopfschwellungen sind schrille, untypische Schreie der Schweine zu hören. (Abb.2,3).
 















Abb.2
  Lidödeme durch STEC

 


Tab.1 Unterscheidungsmerkmale verschiedener krankmachender E.coli-Bakterien
           beim Schwein (aus H.-J. Selbitz et al., 2011).
 
Bezeichnung Toxine Fimbrien Krankheitsbild
STEC Shigatoxin Stx2e




(LT, ST)
F18ab Ödeme an Augenlidern und inneren
Organen
Lähmungen, Ruderbewegung in
Seitenlage
hohe Verluste, Kümmerer
(Diarrhoe)
ETEC Hitzelabiles Enterotoxin: LT
Hitzestabiles Enterotoxin: ST
F4
F5
F6
F 18ac
Diarrhoe der Saug- und Absatzferkel
Flüssigkeitsverlust
Verluste,
Kümmerer
 











Abb.3
  Ruderbewegung und Seitenlage durch STEC
 



STEC für Kümmerer verantwortlich ?

Colikeime gehören bei Menschen und vielen Tierarten zur physiologischen Darmflora. Auf der anderen Seite existieren krankmachende Stämme, die sich durch besondere Merkmale wie Anheftungsfaktoren, u.a. Fimbrien, und die Bildung von Toxinen auszeichnen. Es ist eine Frage der Giftdosis, ob die Schweine innerhalb von Stunden verenden oder in der weiteren Aufzucht als Kümmerer hinter den Leistungen ihrer Buchtengenossen zurückbleiben. Die subklinischen Infektionen mit STEC stehen im Verdacht, als Ko-Faktor für geringere Tageszunahmen, schlechterer Futterverwertung und starkes Auseinanderwachsen in der Ferkelaufzucht mitverantwortlich zu sein (Bosworth et al. (1996). Zu den bevorzugten Shigatoxin-bildenden E.coli (STEC) zählen die Serotypen O138, O139 und O141 mit typischen F-18ab Fimbrien.
Der Fachmann unterscheidet neben den STEC noch eine weitere, beim Ferkel krankmachende Form, den enterotoxischen E.coli (= ETEC). ETEC verursachen Diarrhoe beim Saug- und Absatzferkel durch das hitzestabile [ST] und hitzelabile Toxin [LT], welche ausschließlich im Darm selbst wirken (Tab. 1). Studien belegen, dass ein beträchtlicher Anteil der Shigatoxin-bildenden E.coli neben dem Shigatoxin zusätzlich auch die Enterotoxine LT und ST bilden können. Dies erklärt, warum in manchen Betrieben unmittelbar nach dem Absetzen die Diarrhoe im Vordergrund steht, dann aber im Verlauf der Aufzucht hohe Verluste durch die Ödemkrankheit auftreten.
Die dritte Form von Toxin wird nicht von lebenden E.coli-Bakterien gebildet, sondern erst beim Zerfall der Bakterienzellen freigesetzt. Es wird als  Endotoxin bezeichnet und ist ein Bestandteil der bakteriellen Zellwand.


Shigatoxin-ein zunehmendes Problem, warum?

Shigatoxin-bildende E.coli haben die unangenehme Eigenschaft, dass bereits kleine Mengen des hochtoxischen Giftes zu irreparablen Organschäden führen. Treten erste Anzeichen der Erkrankung auf, ist es für eine Therapie meist zu spät. Im Gegenteil, die Behandlung mit bakteriziden Antibiotika löst ein Massensterben der E.coli-Bakterien und ein Freisetzen der Endotoxine mit fatalen Folgen aus. Typische Folge sind Schockreaktionen, Kreislaufversagen (Blaufärbung) und plötzliches Verenden der Tiere.
 
Die "Vermeidungsstrategie" gegen STEC beinhaltet häufig:
·         Restriktives, wohldosiertes Anfüttern nach dem Absetzen
·         Einsatz von hochwertigen, aber teuren Futterkomponenten
·         Oraler, metaphylaktischer Einsatz von E.coli-wirksamen Substanzen
 
Viele gute Ratschläge und Managementhinweise liegen in Literatur und Praxis vor, doch häufig klappt es nicht so recht mit der "Vermeidungsstrategie".

Hier einige Schwachstellen:
·         Fehlende Gewöhnung der Saugferkel an neue Futterquellen bzw. Futtertechnik
·         Ungleichmäßige Futteraufnahme durch Rangordnungskämpfe und ungünstiges Tier-/ Fressplatz-
           verhältnis (Abb. 4)
·         Entmischung der Arzneimittel in der Futterkette
 
 













Abb.4
  Zu wenig Fressplätze sorgen für Stress und fördern STEC

 


Wirtschaftlichkeit

Betriebe mit mittel- bis schwergradigen Krankheitsausbrüchen durch STEC erleben neben dem psychischen Druck durch die vielen toten Schweine auch ein finanzielles Desaster (Abb.5).
10% Verluste und mehr als 5% Kümmerer im Flatdeck schlagen mit 83,6 € weniger direktkostenfreien Leistungen/Sau und Jahr zu Buche.*
Setzt der Betriebsleiter auf eine restriktive Fütterung, um das Schlimmste zu vermeiden, leidet die Wachstumsleistung im Flatdeck. Eine Absenkung der Tageszunahmen von 470 g auf 420 g/Tag bedeutet bei 7 Wochen Aufzucht: 2,5 kg weniger Verkaufsgewicht. Das entspricht einer Mindereinnahme von 29 €/Sau und Jahr.
 





















Abb.5
  Kalkulierte Minderleistung durch mittel- bis schwergradige STEC-Erkrankung*
 *LfL,München, 2011:  www.stmelf.bayern.de. Kalkulation Deckungsbeitrag, Grundpreis 49 €  für 28 kg Ferkel.
 
Impfstoffforschung soll Lösung bringen!
Nach einem Impfstoff gegen das Shigatoxin Stx2e wird schon seit vielen Jahren intensiv geforscht. Deutsche Forscher haben in jüngster Zeit erhebliche Fortschritte in der Entwicklung eines praxistauglichen Impfstoffes gemacht. Die Impfung könnte in naher Zukunft vor Aufzuchtverlusten durch das Shigatoxin und der damit ausgelösten Ödemkrankheit beim Schwein schützen. Diese Impfung würde einen wichtigen Beitrag leisten, um den metaphylaktischen Einsatz von Antibiotika in der Ferkelaufzucht zu reduzieren.
 
Literatur beim Verfasser

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