Header-Grafik

Worin liegt der Nutzen von Mehrfachimpfungen beim Schwein?

 


Worin liegt der Nutzen von Mehrfachimpfungen beim Schwein? 

Jährlich entstehen in der Schweineproduktion große ökonomische Verluste durch das Auftreten von Infektionskrankheiten. Verhindert man diese Erkrankungen, bedeutet das bares Geld in der Tierproduktion sowie im Hinblick auf Tierschutzaspekte zudem weniger Leid für die Tiere. Doch selten sind Tiere nur von einem Erreger infiziert, Mischinfektionen spielen eine große Rolle. In der Praxis wird es deshalb mit zunehmender Anzahl von Ferkelimpfmaßnahmen immer schwieriger, die einzelnen Impfungen auf die vergleichsweise kurze Säugezeit zu verteilen. Aus Gründen der Kosten- und Arbeitsersparnis und auch der Verminderung physischer und psychischer Stressoren für das Tier ist es daher wünschenswert, mehrere Impfstoffe zeitgleich bzw. als Kombinationsimpfstoff zu verabreichen. 

Um hier Erfahrungen zu erhalten, wurden in einer umfangreichen Studie die Daten von 98.695 mehrfach geimpften Mastschweinen aus 194 Mastgruppen eines Betriebes aus Mecklenburg-Vorpommern ausgewertet. Es wurden die tägliche Zunahme, die Mortalität, die Futterverwertung sowie der Verbrauch an oralen Antibiotika je Mastgruppe analysiert. Der Betrieb hält 1.400 produktive Sauen und verfügt über ca. 5.600 Aufzucht- und 10.000 Mastplätze. Am 14. Lebenstag werden die Ferkel zeitgleich, jedoch ortsgetrennt gegen PRRS (Lebendimpfstoff Ingelvac PRRS® MLV, Boehringer Ingelheim) sowie gegen Ileitis (Enterisol® Ileitis, Boehringer Ingelheim) geimpft. Die Mykoplasmenimpfung (M+Pac, Fa. Essex Tierarznei) sowie die Impfung gegen PCV2 (Ingelvac CircoFLEX®, Boehringer Ingelheim) erfolgt als Einmalimpfung am 21. Lebenstag und wird ortsgetrennt, jedoch zeitgleich durchgeführt. Der Betrieb wechselte während des gesamten Auswertungszeitraums weder die Genetik, noch nahm er für diese Auswertung bedeutende Änderungen im Management vor. 

Insgesamt wurden drei verschiedene Zeiträume ausgewertet. Schweine des ersten Zeitraums waren nur gegen Mykoplasmen sowie PRRS geimpft, Tiere im zweiten Zeitraum erhielten zusätzlich eine Ileitis-Impfung. Im dritten Zeitraum schließlich setzte der Betrieb dann noch den Impfstoff gegen PCV2 ein. Ab da wurden also nur noch vierfach geimpfte Ferkel in die Mast eingestallt. Wichtig: Labordiagnostische Untersuchungen belegten, dass die Erreger, gegen welche die Ferkel über die eingeführten Impfungen geschützt wurden, wirklich vorhanden waren. 

Ergebnisse der Drei- bzw. Vierfachimpfung 
Zusätzliche Ileitis-Impfung brachte Leistungssteigerung 
Die zusätzlich zur PRRS- und Mykoplasmen-Impfung eingeführte Ileitis-Impfung erbrachte eine signifikante Verbesserung der täglichen Zunahme um 33 g, die Futterverwertung lag um 0,1 kg/kg höher und die Mortalität sank von 4,12 % auf 3,04 % (siehe Tabelle 1). Parallel konnte die Menge eingesetzter oraler Antibiotika pro Mastabteil um fast 60 % auf 0,9 kg verringert werden. Diese Steigerung der Leistungsparameter resultierte in einem zusätzlichen Erlös pro Schwein durch den Einsatz von Enterisol® Ileitis von 4,42 € (Impfstoffkosten nicht eingerechnet). 

Tabelle 1: Tägliche Zunahme, Futterverwertung sowie Antibiotikaverbrauch der dreifach geimpften Mastschweine im Vergleich zu den zweifach geimpften Mastschweinen

 
 
Mykoplasmen + PRRS
Mykoplasmen + PRRS + Ileitis
Differenz
Ø
Ø
Tageszunahme
g/Tag
738
771
+ 33
Futterverwertung 1:
kg/kg
3,061
- 0,096
Mortalität
%
4,12
3,04
- 1,08
Antibiotikaverbrauch
kg/Gruppe
2,23
0,91
- 1,32


Mit zusätzlicher Impfung gegen PCV2 weitere Stabilisierung des Betriebes
 
Zusätzlich zu den drei etablierten Vakzinationen wurde nun gegen PCV2 geimpft. Wiederum verbesserte sich sowohl die Tageszunahme (+42 g) – das hohe Niveau von 771 g steigerte sich auf 813 g – als auch die Futterverwertung (-0,25 kg/kg) (siehe Tabelle 2). Während des gesamten Mastabschnitts waren bei den vierfach geimpften Schweinen in den ausgewerteten Mastdurchgängen keine oralen Antibiotika mehr nötig. Der aus den Leistungssteigerungen resultierende zusätzliche Erlös durch den Einsatz von Ingelvac CircoFLEX® betrug 7,06 € (Impfstoffkosten nicht eingerechnet). Die Mortalitätsrate verschlechterte sich im Beobachtungszeitraum für die PCV2 geimpften Schweine zwar leicht (+ 0,43 %), dies war jedoch nicht statistisch signifikant. Die auf dem Betrieb durchgeführte Aufschlüsselung der Verlustursachen belegt jedoch eindeutig, dass die Erhöhung der Verluste nicht auf PCV2 zurückzuführen ist. Für die leicht gestiegene Mortalität lagen also andere Ursachen vor. 

Tabelle 2: Tägliche Zunahme, Futterverwertung sowie Antibiotikaverbrauch der vierfach geimpften Mastschweine im Vergleich zu den dreifach geimpften Mastschweinen 
 
 
Mykoplasmen + PRRS + Ileitis
Mykoplasmen + PRRS + Ileitis + PCV2
Differenz
Ø
Ø
Tageszunahme
g/Tag
771
813
+ 42
Futterverwertung 1:
kg/kg
3,061
2,815
- 0,246
Mortalität
%
3,04
3,47
+ 0,43
Antibiotikaverbrauch
kg/Gruppe
0,91
0
- 0,91


Fazit der Studie: Jede einzelne Impfmaßnahme rechnet sich 
Die Studie zeigt, dass Schweine grundsätzlich zeitgleich erfolgreich in der Säugezeit gegen verschiedene Erreger geimpft werden können. Neben der Steigerung der Leistungsparameter durch die unterschiedlichen Impfmaßnahmen können viele Betriebe den Antibiotikaeinsatz so auf ein therapeutisch notwendiges Maß beschränken. Natürlich erhöht jede zusätzliche Impfmaßnahme die Tiergesundheitskosten im Betrieb. Gerade in erfolgreichen Betrieben mit vielen Ferkeln je Sau und Jahr steigen durch Ferkelimpfungen die Kosten pro Sau und Jahr. Doch die Autoren der Studie stellen klar, dass man zu den Kosten einer Impfmaßnahme immer die damit erzielbare Leistungssteigerung im Rahmen der Kosten-Nutzen-Kalkulation gegenüber stellen sollte. Bei dem Erlös von 11,48 € durch die Einführung der Ileitis- und PCV2-Impfung im vorliegenden Fall sind die Kosten der beiden Impfmaßnahmen nicht nur kompensiert, sondern ein zusätzlicher Erlös für den Landwirt ist erzielt worden. Zusätzlich wird den Verbrauchern gerecht, die eine Verringerung des Antibiotikaeinsatzes fordern, da bei den vierfach geimpften Schweinen dieses Bestands keine oralen Antibiotika mehr nötig waren. 
Die Autoren schlussfolgern daher, dass auch bei einem etablierten Impfprogramm mit Einführung einer dritten und vierten Ferkelimpfung noch eine weitere signifikante Steigerung der Leistungsparameter möglich ist und damit trotz der gestiegenen Tiergesundheitskosten eine sehr rentable Maßnahme ist. Die emotionale Beschränkung auf eine maximale Anzahl von Ferkelimpfmaßnahmen sei aus betriebswirtschaftlicher, rationaler Betrachtungsweise heraus nicht richtig. Ob eine zusätzliche Impfmaßnahme für einen Betrieb sinnvoll ist, sollte nicht anhand der Gesamtzahl durchgeführter Impfungen entschieden werden, sondern anhand des erregerbedingt im Bestand zu erwartenden Schadens. 

Autoren: R. Deitmer, K. Klien, C. Keller, R. Kubiak, M Adam 

zurück zur Übersicht