13.04.2011
Betreff: AW: AW: Kürzen/Kupieren der Ferkelschwänzchen vom 12.04.2011
Mirjam, du sprichst mir aus der Seele. Das Problem ist größer als ein Ferkelschwänzchen. Gerade deswegen finde ich es wichtig, daß wir uns ab und zu mal vor Augen führen, was wir mit unseren Haustieren alles so anstellen, damit ihre Haltung sich lohnt. Ich spreche nicht von Profitgier sondern einfach vom Verdienen eines angemessenen Lebensunterhaltes, und ich glaube auch nicht, daß irgendjemand GERNE Schwänze kupiert. Aber ich sehe schon einige Fälle von sinnlosem Leiden, z. B. nicht rechtzeitig gemerzte Tiere.
Dies übrigens auch in der Rinderpraxis, teilweise bei ausgewachsenen altgedienten Milchkühen! Hier spielt eine Gedankenlosigkeit eine Rolle, die niemandem nützt, sondern eher zu einer inneren Unzufriedenheit führt, denn irgendwo innen drin weiß jeder, daß es besser ist, die Tiere nicht leiden zu lassen.
Programme wie in der Schweiz halten natürlich auch die Endverbrauchspreise hoch. Ohne geradezu hysterische Einfuhrbeschränkungen leider nicht machbar.
Susanne
Antwort auf:
Hallo Susanne Petersen,
>Ich habe schon schlimmen Kannibalismus in konventionellen Betrieben
>gesehen, der durch Maßnahmen der Fütterung und Lüftung, manchmal auch
>durch das Angebot von Beschäftigungsmaterial zu beeinflussen ist. Das
>zeigt, daß man
>sich hier viele Gedanken machen sollte, obwohl wir in den meisten Haltungen nicht auf das Kupieren verzichten können.
So sehe ich es auch: Wir haben momentan noch viele Hausaufgaben - und viel (finanziell) dünne Luft in der Mast, als das man pauschal fordern könnte: Auf Schwanzkupieren ebs mal zu verzichten - gerade beim Trend zu Robust/Aktivrassen.
Natürlich ist das Kupieren eine Amputation - genau so wie das Enthornen bei Rindern oder das Kastrieren von Hengsten & Hunden "um sie der Haltung/Menschenumgang" anzupassen zum einen, aber auch um Schaden (untereinander) zu minimieren.
Mir fehlt aber dabei - das jeder Ferkelerzeuger wohl gern auf Kastrieren/Schwanzkupieren als Tätigkeit verzichten würde - wenn nicht die offenen Fragen/Forderungen aus der Mast da wären - bei einer Produktion die sich am Weltmarktpreis messen muss.
Die Tierschutzdebatte - z.B. das anvisierte Tierschutzlabel innerhalb des Aktionsplanes - macht mir schon große Sorgen, v.a. weil hier "Vorbilder" herangezogen werden (Öko-Schweinehaltung bei 0,4 % Marktanteil) oder Schweiz bzgl. Haltung/Auslauf.
Nur eine Anmerkung - soweit ich es recherchiert habe hinsichtlich Finanzierung solcher Haltungssysteme/Vorbilder:
Die Schweiz fördert Tierhaltung mit sog. Ethobeiträgen. Ich hab das nachfolgend bei einem Wechselkurs von 1 Euro = 1,3 Franken umgerechnet.
Hier gibt es zwei Haltungsnormen - BTS (besonders tiergerecht) und RAUS (Regelmäßiger Auslauf im Freien).
Die Förderung - bitte um Korrektur falls nicht stimmig - ist hier abgelegt: http://www.gesetze.ch/sr/910.13/910.13_017.htm
BTS (besonders tiergerechte Haltung)
Mastschwein: 155 Franken = 124 € / GV / Jahr Rinder über 120 LT 90 Franken = 72 € / GV/Jahr Geflügel 280 Franken = 224 € /GV/ Jahr
RAUS
Mastschweine 155 Franken = 124 € GV / Jahr Sauen o. Ferkel 360 Franken = 288 € / GV Jahr Rinder 180 Franken = 144 € / GV / Jahr
Nur um einmal ein Überblick zu bekommen - die Schweizer bezahlen diese Art der Tierhaltung "doppelt"
heißt einmal über die Direktzahluns-VO (Steuergelder?) und dann nochmal bei der Vermarktung in Markenfleischprogrammen.
Ich finde es sehr bedenklich, dass hier dann Landwirten die 82 Mio (preisbewußte) Deutsche mit Schweinefleisch versorgen "Karotten" hingehängt werden aus Produktionsrichtungen (Aufwand qm/Schwein/Auslauf/Beschäftigung)
die a) keinen nennenswerten Marktanteil haben und b) mit einer derartigen Förderung ausgestattet sind.
Mir ist klar - nur wie kommunizieren? - das es Tierwohl nicht zum Schnäppchen/Sonderangebotspreis gibt, aber wenn ich dann wieder Untersuchungen lese, bei denen bestätigt wird, dass die Rabattjagd (auch bei Fleisch) im Hirn des Menschen eine ähnliche Wirkung wie Kokain auslöst (Belohnungssystem), dann macht mich das sehr mutlos bzgl. Schere was der Wähler will - aber als Bürger nicht bezahlt.
Gruß Mirjam Lechner